Für mich geht eine Ära zu Ende. Als „Digital Native“ und „Early Adopter“ war ich immer an neuen sozialen Netzwerken interessiert. Erst SchülerVZ, dann Facebook. Später Twitter und Instagram. Doch die aktuellen Entwicklungen haben mich dazu bewogen, den Plattformen den Rücken zu kehren. Über den Untergang der sozialen Medien wie ich sie mochte und eine totgeglaubte Alternative.
Vergiftete Stimmung im anonymen Internet
„Früher war alles besser.“ Ein inflationär rezitierter Satz. Doch zumindest im Bereich der sozialen Medien trifft er zu. Das Miteinander war zu Beginn des 21. Jahrhunderts geprägt von Humor und Freundlichkeit. Positive Erfahrungen und Ideen wurden ausgetauscht. Konstruktiv kritische Kommentare verhalfen zu Aufmerksamkeit und zu einem guten Diskurs. So mancher Post entsprach nicht vollends der Realität, aber „Fake News“ waren damals ein Fremdwort.
Diese Zeit ist vorbei. Leider. Denn bereits einige Jahre nehme ich plattformübergreifend einen negativen Trend wahr: Der Umgangston wird rauer. Und das fortlaufend. Die gesellschaftliche Spaltung entfaltet sich im anonymen Raum des Internets vollumfänglich. Dazu trugen und tragen Besitzer- und Präsidentenwechsel bei. Während sich Twitter mit der von Elon Musk befeuerten X-Transformation zu einer Bühne für Rechtsextreme wandelte, erhöht US-Präsident Donald Trump den Druck auf Meta, dem Mutterkonzern von Facebook und Instagram. Dessen Gründervater Mark Zuckerberg sah sich gezwungen die „freie Rede“ in den Fokus zu rücken und Faktenchecks zu reduzieren.
Flucht aus der Informationsflut
Ein Grund dürfte jedoch auch die Fülle an Inhalten sein, welche die sozialen Netzwerke schwemmen. Die komplette Kontrolle ist kaum machbar. In Zusammenspiel mit einem ausgeklügelten Algorithmus, der uns Nutzende an den Plattformen fesseln soll, gewinnen kontroverse und leider viel zu oft auch falsche Postings an Aufmerksamkeit. Unternehmen und Influencer, aber auch Politiker:innen haben dieses System verstanden und entwickeln ihre kurzen Botschaften danach.
So kam es, dass ich auch mich immer öfter beim sogenannten „Doom Scrolling“ erwischte. Immer öfter wurden mir vermeintlich interessante Inhalte angezeigt, die mein Gehirn unbewusst aber immer weiter überforderten. Die Aufmerksamkeitsspanne wurde kürzer. Die Konzentration ließ nach. Ich hinterfragte den Sinn des immer schneller wechselnden Informationskonsums. Wissenschaftler:innen der LMU München sprechen sogar von einem Verlust der prospektiven Gedächtnisleistung aufgrund dieses rasanten Kontextwechsels.
Nicht zuletzt die immer stärker gewachsene Bildschirmzeit hat mich dazu bewogen, über den unkontrollierten Medienkonsum nachzudenken. Mit fantasielosen Remixes und immergleichen Memes will ich nicht weiter meine Lebenszeit vergeuden. Viel lieber recherchiere ich in Zukunft bewusst zu Themen oder dem tagesaktuellen Geschehen. Dazu dürfen gern vertrauenswürdige, etablierte Medien und Webseiten fernab eines fremdbestimmten Algorithmus dienen.
Die Renaissance der Blogs
Darüber hinaus werde ich mich wieder verstärkt privaten Blogs widmen, die in den letzten Jahren leider stetig an Bedeutung verloren haben. Jetzt erlebe ich ein kleines Revival. Denn sie haben einige entscheidende Vorteile: Das eigene Blog ist eine große Spielwiese mit vielerlei (Entwicklungs-) Möglichkeiten. Vom Content Management System (CMS) über Design und Hoster bis zu den Inhalten selbst gibt es viele kleine Stellrädchen, die eine umfassende Individualisierung erlauben. Entgegen den schnelllebigen Social Media Posts sind die eigenen Beiträge in den Suchmaschinen deutlich länger sichtbar und somit relevanter.
Ein ganz wichtiger Vorteil für mich als Hobbyfotograf ist die Datenhoheit. Die eigenen Inhalte sind, der richtige Hoster vorausgesetzt, auf deutschen Servern gespeichert. Nicht zuletzt dient ein Blog für mich zum Entwickeln eigener Fertigkeiten und Fähigkeiten. Dabei freue ich mich andere an meinem Wissen und eigenen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Gleichzeitig lasse ich mich gern von anderen Bloggenden geistig befruchten. Einen ersten großen Grundstamm liefert Thomas Gigold mit seinem wachsenden „Uberblogr Webring“, in dem auch ich kostenloses Mitglied bin. Oder auch das Verzeichnis „TopBlogs“. Durch die inspirierenden Inhalte lasse ich mich viel lieber treiben, als durch die kurze Snippets in den Sozialen Medien. Da fällt der Abschied leicht.
Betreibst Du ein Blog? Ich freue mich über frischen Lesestoff in den Kommentaren.
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Willkommen im Club der Genervten. Mir geht es exakt so wie Dir. Bei mir hat dieses Doom-Scroling sogar zu echten Problemen geführt, die sich auf die Gesundheit ausgewirkt haben. Da wurde es Zeit, für einen Richtungswechsel. Und es hat gut getan. Daher stöbere ich lieber in netten Blogs, wo es auch viele Themen gibt, aber deutlich weniger toxisch.
„Denn bereits einige Jahre nehme ich plattformübergreifend einen negativen Trend wahr: Der Umgangston wird rauer. Und das fortlaufend.“
Dem stimme ich 100%ig zu. Es wird immer schwieriger „normale“ Menschen im Netz zu finden, dessen Beiträge man lesen möchte. Durch den UberBlogr Webring, wo ich selbst auch zu finden bin, lese ich wieder vermehrt Blogposts und habe dort sehr interessante Blogs gefunden.
Ich war schon immer Blogger, aber nie Mitglied von sozialen Netzwerken, weil es mich immer schon genervt hat und oftmals die persönliche Meinung von irgendjemand DIE Meinung war. Ich habe das von außen beobachtet und als dann Nazi- Musk Twitter gekauft hat, war mir klar: es wird nicht besser. Wenn ich in einem dieser „sozialen“ Netzwerke meine Meinung sagen würde, würden alle über mich herfallen, aber eine Meinungsbildende Diskussion wäre das nicht. Hier als Denkanstoß: Ich finde die AfD Schei… nicht gut, würde es aber schön finden, wenn sie auf Länderebene mitregieren würde- das würde sie, so denke ich, ganz schnell entzaubern. Und jetzt stellt euch Befürworter und Gegner vor… Sie würden überhaupt nicht nachdenken…