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Unterwegs auf Portugals Straßen mit dem Fiat 500C Hybrid.

Klein, schick und ohne Dach: Wohl kein ande­res Auto­mo­bil ver­kör­pert die Frei­heit des “Dolce Vita” so sehr wie der Fiat 500C. Seit mehr als 65 Jahren begeis­tert er nicht nur Auto-Fans. Seit 2020 ist er auch als Elek­tro-Fahr­zeug erhält­lich. Doch wei­ter­hin beliebt ist die preis­wer­te Benzin-Vari­an­te. Ich habe im ver­gan­ge­nen Por­tu­gal-Urlaub eines der letz­ten Ver­bren­ner-Exem­pla­re mit 70 PS und Mild-Hybrid-Antrieb getes­tet. Taugt es als zeit­wei­li­ges Zweit­au­to für den Sommer?

Markantes Design mit Retro-Chic gefällt

Seinen Ursprung hat das knuf­fi­ge Modell aus Ita­li­en im Jahr 1957, als unter Vitto­rio Val­let­ta ein neues Ein­stiegs­mo­dell bei Fiat das Licht der Welt erblick­te. Mit 15 PS und einer Höchst­ge­schwin­dig­keit von 90 Kilo­me­ter pro Stunde sorgte das spar­ta­nisch aus­ge­stat­te­te Fahr­zeug für die Mobi­li­tät der Masse. Nicht nur in Ita­li­en. Heute, 67 Jahre später, bewegt der aktu­el­le Fiat 500 nicht nur Men­schen, son­dern auch Herzen: Das runde Design hat sich bis in die der­zei­ti­ge Gene­ra­ti­on gehal­ten und sorgt für einen aus­ge­präg­ten Retro-Cha­rak­ter. Geschwun­ge­ne Linien und kuge­li­ge Schein­wer­fer erge­ben ein stim­mi­ges Gesamtbild.

Mir gefal­len beson­ders die kom­pak­ten Maße des Ita­lie­ners. Der Fiat 500C ist 3,5 Meter lang, 1,6 Meter breit und 1,5 Meter hoch. Und trotz­dem finde ich mit einer Kör­per­grö­ße von 1,85 Meter eine ange­neh­me Sitz­po­si­ti­on. Das geht jedoch zu Lasten des nur 180 Liter fas­sen­den Kof­fer­raums, in dem zwei Hand­ge­päck-Trol­leys gerade so Platz finden. Dank eines Wen­de­krei­ses von 9,3 Metern ist der Fiat das opti­ma­le Fahr­zeug für por­tu­gie­si­sche Gassen. Bereits auf den ersten Stre­cken durch die engen Ein­bahn­stra­ßen Sin­tras weiß ich das zu schät­zen. In Ver­bin­dung mit der leicht­gän­gi­gen Ser­vo­len­kung wird das städ­ti­sche Fahren zum Kin­der­spiel. Auch die Park­platz­su­che ist deut­lich ange­neh­mer als mit einem Kom­pakt­fahr­zeug oder SUV.

Aller­dings könnte die Über­sicht­lich­keit besser sein. Beson­ders durch die breite C‑Säule und das kleine Heck­fens­ter ist der Blick ein­ge­schränkt. Mit kom­plett geöff­ne­tem Ver­deck ent­steht hinter dem Fahr­zeug ein großer toter Winkel, in dem kleine Kinder schnell ver­schwin­den können. Denn eine Rück­fahr­ka­me­ra suche ich beim getes­te­ten Modell ver­ge­bens. Ledig­lich piep­sen­de Ultra­schall­sen­so­ren helfen beim Ran­gie­ren. Das aller­dings bra­vou­rös, denn allzu oft schät­ze ich den Fiat 500C größer ein, als er dann tat­säch­lich ist.

Heckansicht des Fiat 500C.
Der Fiat 500C ist mit offe­nem Stoff­ver­deck das per­fek­te Urlaubsfahrzeug.

Kleiner Motor mit kernigem Sound lahmt Überland

Mehr Freude als Ran­gie­ren bringt aller­dings das Fahren oben ohne. Der Fiat 500C kommt mit einem 1.0 Liter Drei­zy­lin­der-Ben­zin­mo­tor daher, der von einem Star­ter­ge­ne­ra­tor mit Akku unter­stützt wird. Im urba­nen Umfeld erfreut der nur 51 Kilo­watt starke Ver­bren­ner mit guten Fahr­wer­ten. Ich gehe sogar soweit, dass es im städ­ti­schen Alltag nicht mehr braucht – von etwas bes­se­rer Lauf­ru­he abge­se­hen. Ver­lässt man die Stadt und erkun­det das Umland benö­tigt der Saug­mo­tor höhere Dreh­zah­len, um auf Richt­ge­schwin­dig­keit zu kommen. Noch deut­li­cher werden die Defi­zi­te auf der Auto­bahn, wo ich auf dem hüge­li­gen Ter­rain um Lis­sa­bon mit ein­ge­schal­te­ter Kli­ma­an­la­ge nicht einmal die 100-km/h‑­Gren­ze errei­chen kann.

Da kann auch der kleine Star­ter­ge­ne­ra­tor mit 100 Watt­stun­den star­kem (oder besser schwa­chem) Akku nicht helfen. Er ist für die Segel­funk­ti­on und das lang­sa­me Her­an­fah­ren an Ampeln zustän­dig und unter­stützt tapfer. Mir hilft er zudem am Berg den Ver­bren­ner­mo­tor nicht abwür­gen zu lassen. Das funk­tio­niert trotz bis­si­ger Kupp­lung sehr gut. Seine Ener­gie gewinnt der Akku durch die Gene­ra­tor­funk­ti­on beim Berg­ab­fah­ren. Ener­gie­ver­nich­ten­des Brem­sen ist nur in Aus­nah­me­fäl­len nötig. Beson­ders bei lang­sa­men Fahr­ten mit offe­nem Ver­deck fällt der ker­ni­ge Klang des End­schall­dämp­fers auf. Fiat hat keine Kosten und Mühen gescheut den front­ge­trie­be­nen 500C mit einer ange­pass­ten Abgas­an­la­ge aus­zu­stat­ten. Emo­tio­nen stehen bei den Italiener:innen eben doch irgend­wie weit oben im Lastenheft.

Wäh­rend der Motor­sound bei mir für ein Grin­sen sorgt, fällt das schwam­mi­ge Fahr­werk nega­tiv auf. Ferner for­dert das 6‑Gang-Schalt­ge­trie­be Gelas­sen­heit beim Gang­wech­sel. Anders als beim Pen­dant von Mini mag kein Gokart-Fee­ling auf­kom­men. Dafür liegt der Fiat 500C spür­bar kom­for­ta­bler auf dem Asphalt. Per­fekt zum Crui­sen ent­lang der West­küs­te Por­tu­gals. Dann ist auch der Ben­zin­ver­brauch erfreu­lich gering: Auf dem Stra­ßen rings um Lis­sa­bon konnte ich sogar den homo­lo­gier­ten WLTP-Ver­brauch von 5,0 Liter pro 100 Kilo­me­ter um Drei Zehn­tel unter­bie­ten. Das freut Umwelt und Geldbeutel.

Infotainmentsystem hui, Lautsprecher pfui

Einen über­aus guten Ein­druck hat der Bord­com­pu­ter und das Info­tain­ment­sys­tem hin­ter­las­sen. Anders als bei den ein oder ande­ren Mit­be­wer­bern sind die Haupt­funk­tio­nen wie Kli­ma­ti­sie­rung und Assis­tenz­sys­te­me über große Dreh­reg­ler und Tasten ver­füg­bar. Der Tacho­me­ter ist wie auch das Info­tain­ment­sys­tem auf­ge­räumt, gut struk­tu­riert und selbst­er­klä­rend. Ich als Daten­jun­kie freue mich über Infor­ma­tio­nen zur Reku­per­a­ti­on und der erzeug­ten respek­ti­ve gespar­ten Energie.

Fiat 500C Tachometer
Der Tacho­me­ter des Fiat 500C gibt auch Infor­ma­tio­nen zum Energiefluss.

Zwar fehlt im getes­te­ten Modell ein dedi­zier­tes Navi­ga­ti­ons­sys­tem, aller­dings erlaubt ein USB-A-Anschluss und das 7 Zoll große Dis­play einen tadel­lo­sen und latenz­frei­en Ein­satz von Android Auto oder Apple Car­Play per Smart­phone. Für den kabel­lo­sen Betrieb braucht es aller­dings ein ent­spre­chen­des Zusatz-Gadget wie Car­lin­kit, das ich vor eini­ger Zeit für Netz­pi­lo­ten tes­te­te. Auf­grund der ungüns­ti­gen Anord­nung und einer Aus­rich­tung gen Himmel ist die Les­bar­keit des Panels hin­ge­gen ein­ge­schränkt. Bei offe­nem Ver­deck und direk­ter Son­nen­ein­strah­lung könnte die matte LCD-Anzei­ge zudem etwas heller sein.

Keinen Applaus bekommt Fiat für das ver­bau­te Radio- und Laut­spre­cher­sys­tem. Zwar ist der klang­kla­re digi­ta­le Radio­stan­dard DAB+ an Bord, aller­dings erin­nert die Klang­qua­li­tät eher an die Kof­fer­ra­di­os der 1990er Jahre. Auch über die Smart­phone-Anbin­dung und den Strea­ming­dienst Spo­ti­fy klin­gen die Boxen nicht besser: Sie sind plär­rig und lassen mitt­le­re bis tiefe Fre­quen­zen ver­mis­sen. Unter­wegs ist also ein Hör­buch oder Pod­cast die Audio­quel­le der Wahl. Oder man unter­hält sich unter freiem Himmel mit dem oder der Bei­fah­ren­den. Das soll ja gut für die mensch­li­che Bezie­hung sein – beson­ders im Urlaub.

Interieur Fiat 500C
Das Inte­ri­eur des Fiat 500C ist funk­tio­nal und aufgeräumt.

Fazit Fiat 500C: Knuffiges Lifestyle-Fahrzeug mit technischen Schwächen

Emo­tio­nen sind ja bekannt­lich ita­lie­ni­sches Kul­tur­gut und auch Fiat trifft mit dem 500C mitten ins Herz von Automobil-Enthusiast:innen. Das runde Design ist zeit­los schön, das leich­te, wen­di­ge Fahr­ver­hal­ten und das (offene) Stoff­ver­deck ver­sprü­hen Lebens­freu­de. Es könnte für mich ein fan­tas­ti­sches Zweit­au­to sein, wären da nicht die tech­ni­schen Defi­zi­te. Über­land ist der kleine Motor spür­bar über­for­dert und lechzt nach Dreh­zahl. Für eine zügige Fahrt wären schnel­le Gang­wech­sel nötig, die das behä­bi­ge Getrie­be jedoch durch lange Syn­chro­ni­sa­ti­ons­zei­ten zu unter­bin­den weiß.

Der Zwang zum Crui­sen hat jedoch einen posi­ti­ven Neben­ef­fekt: Der Ben­zin­ver­brauch ist trotz Ver­zicht auf einen dreh­zahl­sen­ken­den Tur­bo­la­der gering und die War­tung dem­entspre­chend kos­ten­güns­tig. Und so schafft es Fiat zum emo­tio­na­len Design eine über­aus ratio­na­le Tech­nik zu ver­bau­en, die Umwelt und Geld­beu­tel im Stadt­be­trieb gefällt. Sport­li­che Per­for­mance ist eben nicht alles im auto­mo­bi­len Leben. Schon gar nicht im Urlaub. Viva la Dolce Vita!

Fiat 500C an der Küste Portugals
Mit dem Fiat 500C lässt sich herr­lich an der West­küs­te Por­tu­gals cruisen.

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Ein Kommentar

  1. Der kleine Fiat ist einer der weni­gen Klein­wa­gen, die man noch häufig sieht. Ich finde auch, dass er super aussieht.

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