Chemnitz ist zwar die diesjährige Kulturhauptstadt Europas. Doch wenn es um die Theater- und Weingutdichte geht, führt an der sächsischen Landeshauptstadt Dresden kein Weg vorbei. Nach der dunklen Jahreszeit tat ein Ausflug in das blühende Elbland in Verbindung mit dem Besuch der langen Nacht der Dresdner Theater gut. Einige Eindrücke eines sonnigen Frühlingstages.
Vitamin-D-Schub in Schloss Wackerbarth
Es ist bereits Mittag an diesem letzten Aprilsamstag als wir mit der Tram die Endhaltestelle “Radebeul West” erreichen. Nach acht Fußminuten lugt ein holzbeplanktes Produktionsgebäude an der Straße hervor. In großen Lettern steht “Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth” geschrieben. Die Einladung wirkt. War die Menschendichte in der Straßenbahn gering, so ist der Parkplatz gut gefüllt. Vorbei am offiziellen Gutsmarkt suchen wir den Weg zum Schloss. Die rosafarbenen Blüten einer Nelkenkirsche erregen die Aufmerksamkeit. Schon fast verblüht liefern sie doch ein imposantes Fotomotiv. Vor allem mit diesem Hintergrund, dem Belvedere. Herrlich.
Durch ein breites Tor erreichen wir das elegante Anwesen mit seinen breiten Terrassen. Ein Ausschank lädt zum Verkosten der vielfältigen Rebsorten ein. Ein Plätzchen mit Blick auf das Haupthaus des Sächsischen Staatsweingutes Schloss Wackerbarth ist schnell gefunden. Während die Sonnenstrahlen die Nase kitzeln, verwöhnt ein Glas Müller-Thurgau den trockenen Gaumen. Dazu sorgen feine Käsewürfel und leckere Oliven für eine wahre Geschmacksexplosion. Doch in der Mittagssonne lechzt die Winterhaut nach Schatten. Dieser lässt sich südlich des Gebäudes in der Gartenanlage finden. Nebenan plätschert oder besser braust der meterhohe Schlossbrunnen. Er sorgt für ein ganz besonders Licht- und Farbenspiel.
Für einen Ausnüchterungs-Spaziergang lohnt sich der kurze Weg über Sachsens schönste Weinsicht 2012 hinauf zum Jacobstein sowie der Volkssternwarte Adolph Diesterweg. Von dort eröffnet sich uns nicht nur eine schöne Aussicht in den Himmel, sondern auch auf das langsam erblühende Elbtal. Neben dem Dresdner Fernsehturm stechen prägnante Gebäude der Altstadt ins Auge. Zu allererst die Frauenkirche. Aber auch Schloss Wackerbarth von oben ist eine Augenweide. Und auch Ohrenweide. Denn die an diesem Tag gebotene Livemusik schallt über die Schlossgrenzen hinweg. Mit frühlingshaften Eindrücken fahren wir mit der Tram 4 zurück in das Dresdner Zentrum.
Herausragende Hochkultur zur Langen Nacht der Dresdner Theater
Mittlerweile sind wir in der Altstadt der sächsischen Landeshauptstadt Dresden angekommen. Als wir am Theaterplatz aussteigen, laufen noch mehr Tourist:innen und Einheimische als sonst durch das altehrwürdige Zentrum. Es ist die nunmehr 11. Lange Nacht der Dresdner Theater. Das Prinzip ist so simpel wie einladend: Im Stundentakt finden in nahezu allen kulturellen Einrichtungen etwa 30-minütige Kurzvorstellungen statt. Für lediglich 10 Euro lässt sich einen ganzen Abend lang das Flair der mannigfaltigen Theaterwelt Dresdens erleben. Der erste Gang führt uns deshalb in die prunkvolle Semperoper.
Schon aus der Ferne lässt sich die Menschenschlange erahnen. Unsicherheit macht sich bei den Wartenden breit. Wird es einen freien Platz geben. Meter um Meter rücken die Menschen vor. Inzwischen sind es noch 15 Minuten bis zur Vorstellung. Wir erreichen das schmuckhafte Foyer. Und tatsächlich erhalten wir Karten für den vierten, den obersten Rang. Es heißt also Treppensteigen. Oben angekommen blicken wir beeindruckt über die Balustrade in den Zuschauerraum mit seinem 1,9 Tonnen schweren Leuchter und den Orchestergraben. Pünktlich 19 Uhr fällt der Vorhang und dutzende Tänzer:innen bieten Teile des Ballett „Schwanensee“ von Pjotr Tschaikowsky dar. Der schwedische Choreograf Johan Ingers weiß das Publikum durch leichte, aber auch impulsive Elemente in seiner Neuinterpretation zu überzeugen. Applaus brandet auf, als die letzten Noten des wuchtigen Orchesters verklingen.
Im Kulturpalast trifft Barock auf Moderne
Schnellen Fußes verlassen wir die Semperoper und nehmen den Kulturpalast am Altmarkt ins Visier. Etwas gestresst ergattern wir noch Tickets für eine virtuose Barockmusik mit der Dresdner Philharmonie. Dorothee Oberlinger lässt in Luciano Berios anspruchsvollem „Gesti“ ihre Finger über die Blockflöte tanzen, die Atmung vibrieren und Stimme erklingen. Ein besonderes Hörerlebnis. Es folgt mit Terry Rileys „In C“ ein Wettstreit der Instrumente. Im modernen Loop-Stil des Minimal gestaltet, ist jede Aufführung einzigartig. Den krönenden Abschluss bildet das Concerto für Flautino, Streicher und Basso continuo C‑Dur RV443 von Barock-Komponist Antonio Vivaldi. Ein opulentes Werk von einem perfekt harmonierenden Orchester. Toll!
Nach diesem Hochgenuss soll der Weg in den Theaterkahn führen. Doch der Ansturm ist zu groß. Plätze Fehlanzeige. Auch beim nahen Schauspielhaus ist zu dieser Zeit kein reinkommen. Und so findet der Tag im Restaurant ein gebührendes Ende. Denn nächstes Jahr gibt es bei der zwölften Ausgabe eine neue Chance.
Entdecke mehr von Jonas’ Blog
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E‑Mail zu erhalten.