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Ein kunterbuntes Karnevalswochenende in Köln und Bonn.

Als Kind des Erzgebirges bin ich alles andere als ein Karnevals-Anhänger. Hier feiert man besinnliche Weihnachten oder sommerliche Dorffeste. Doch gerade in der kalt-grauen Jahreszeit sollen Stimmungsaufheller ja gut tun und so führte mich der Weg am ersten März-Wochenende in die Karnevalshochburg schlechthin: das Rheinland. Einige Eindrücke eines ausgelassenen Wochenendes zwischen Stadtspaziergang und Straßenumzug.

Ein stimmungsvoller Samstag im Kölner Kneipen-Karneval

Erst wenige Stunden ist der Monat März alt, als ich mich gegen Mittag mit Freund:innen am Hauptbahnhof in Bonn wieder finde. Obwohl die Sonne noch nicht so wirklich angekommen scheint, ist die Stimmung an den Bahnsteigen ausgelassen. Verkleidete Menschen treffen und unterhalten sich. Dass die Regionalbahn in die Domstadt Köln Verspätung hat, tut der Stimmung keinen Abbruch. Alle freuen sich auf einen ausgelassenen „Feiertag“ unter dem Motto „FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“. In einem vollen, aber alles andere als überfüllten Triebwagen geht es in die Karnevalshochburg.

Das Ziel an diesem Tag ist die Kneipe „Zum Knobelbecher“ im Belgischen Viertel. Auf dem Weg dahin zeigen sich die ersten Vorbereitungen für den berühmten Rosenmontagszug. Tribünen – „die Deutsche Bank“ – schmücken die Straßenränder. Vor den zahlreichen Bars bilden sich Menschentrauben und vereinzelt lange Schlangen. So auch beim anvisierten Ziel. Um 14 Uhr sollte die Wartezeit mehr als eine halbe Stunde betragen. Für 10 Euro gibt es an diesem Samstag den Eintritt in eine neue Welt des Brauchtums. Zumindest für mich. Manche würden es Kulturschock nennen, wenn Titel wie „Kamellebud“, „Polterovend“ oder „Dat is geil“ aus den Lautsprechern plärrt. Da sind Songs wie „Stadt mit K“, „Colonia Tropical“ oder „Wackelkontakt“ eine willkommene Abwechslung.

Kranz um Kranz – so heißt eine 10er Runde Kölsch – wandern über die Theke. Und so wird die Festlaune immer grandioser. Kölle Alaaf! Cowboys feiern gemeinsam mit Schafen und personifizierten Süßigkeiten. Jede:r ist einzigartig und doch gleich. Weder Hass noch Missgunst hat an diesem Tag Platz in den Herzen der Feiernden. Es ist kurz vor 20 Uhr als es wieder mit der Bahn nach Hause geht. Nach einigen Stücken einer leckeren Pizza lege ich mich 22.30 Uhr schlafen. Dem Schlafrhythmus gefällt’s.

Auf Tuchfühlung beim entzückenden Endenicher Vierdelszoch

Mittlerweile ist Sonntag, der 2. März. Der Tag macht seinem Namen schon am Morgen alle Ehre: Obwohl das Thermometer nur 6 Grad anzeigt, kitzeln die Sonnenstrahlen das Gesicht. Perfekte Bedingungen für den Besuch des 50. Vierdelszoch im studentischen Bonner Stadtteil Endenich. Im Jahr 804 erstmals genannt, ist es heute eines der kulturellen Zentren der ehemaligen Bundeshauptstadt. Auf den Straßen suchen sich die verkleideten Narr:innen ihren Platz. Die Frongasse, dem Ort an dem sich unter anderem Bill Mockridges „Springmaus“ befindet, ist ein wahrer Publikumsmagnet.

Es ist 11 Uhr als die ersten Wagen um die Kreuzung biegen. Der Vorstand des Ortsausschuss Bonn-Endenich e.V. eröffnet vom geschmückten Hänger den Reigen der Kamelle-Würfe. Es folgen Menschen in farbigen Clown-Kostümen, Ghostbusters oder bunte Bienen. Spielmannszüge sorgen für eine musikalische Untermalung. Ein Highlight ist der Wagen der Kessenicher Steampunk-Gesellschaft. Sportlich geht es bei den Bonner Show-Schwenkern zu, die ihre roten Fahnen imposant zur Schau stellen. Ebenso eindrucksvoll sind die elfengleichen Kostüme des Bonner Showtanz Club e.V. Den passenden Sound liefert die Sambagruppe „Sambamici“.

Kinder fordern unaufhörlich „Kamelle“. Ein Wunsch, der auch von den als Piraten verkleideten „Endenicher Jungs und Fründe“ gern erfüllt wird. Während sich der Jutebeutel füllt, spaziert der kreative Frisbee-Verein „Bonnsai e.V.“ vorüber. Mit Trommel und Trompeten tragen sie nicht nur ihre Sportart zur Schau, sondern auch ihre rheinländische Lebensfreude. Herläsch! Mit liebevoll gebastelten Löwen-Masken zieht der Roundnet Club Bonn e.V. vorbei, der sich seit 2021 der Trendsportart Spike Ball verschrieben hat. Für einen gebührenden Abschluss sorgen die Partyköche Endenich, die mit ihren schillernden Kostümen und choreografierten Tänzen ein Lachen in die Gesichter zaubern. Und da die Endenicher:innen mit dem Ende nich(t) umgehen können, feiert die Menge am blau-gelb geschmückten Lastauflieger und der Konzerthalle „Harmonie“ bis in die Nacht weiter…

Am Fenster für den Bonner Rosenmontagszug

Es ist Montagmorgen. Nicht irgendeiner, nein, Rosenmontagmorgen. Und langsam aber sicher nähert sich das Karnevalswochenende seinem Höhepunkt. Mit großen Festumzügen begehen die Menschen im Rheinland und Rheinhessen diesen außerordentlichen Karnevalstag. So auch in Bonn. Der Weg führt mich mit Freund:innen in eine Wohnung im ersten Stock an der Sternstraße. Von hier gibt sich ein herrlicher Blick auf die vorbeifahrenden Wagen und vorbeiziehenden Vereine. Es dauert etwas bis 12.30 Uhr der Kommentator mit „D’r Zoch kütt“ die ersten Teilnehmenden ankündigt. Alle wechseln den Platz vom gedeckten Tisch zu einem der vier Wohnzimmerfenster.

Zahlreiche Wagen des Bonner Stadtsoldaten-Corps von 1872 e.V. zieren das Bild in der Einkaufsgasse. Kamelle wandert aus den Händen in die Beutel der Zuschauenden. Mir fallen die farbenfrohen Kostüme ins Auge. Ausgefallene Fahrzeuge runden das außergewöhnliche Erscheinungsbild ab. Traktoren und Trecker ziehen hohe, teils mehrstöckige Wagen. Immer öfter fliegen Süßigkeiten durch die offenen Fenster in die Wohnung. Viele sehen die fordernden Gesten und Rufe als Herausforderung an.

Auch politische Parteien nehmen am Umzug teil, provokante Sprüche oder verärgerte Blicke gibt es nicht. Im Gegenteil: Die Volksnähe von CDU, SPD und den Grünen kommt gut an. Anders als beim Endenicher Vierdelszoch präsentieren sich auch internationale Vereine aus Bonn. Ob Ecuador, Kolumbien oder China: Jedes Land interpretiert die Karnevalsfreude auf seine Art und Weise. Besonders beeindruckend sind die farbenfrohen Kleider und Kostüme. Mittlerweile sind seit dem Start des Rosenmontagszugs drei Stunden vergangen. Die Gassen und Hausvorsprünge sind von Kamelle und Konfetti gezeichnet als die Ehrengarde die Parade abschließt. Mit einem letzten „Alaaf“ geht ein eindrucksvolles Karnevalswochenende im Rheinland zu Ende.

Bist Du ein Karnevals-Fan oder lässt Du die fünfte Jahreszeit aus?


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