Mit Huawei hat in den letzten Jahren ein chinesischer Elektronikhersteller die Smartphone-Branche gehörig aufgemischt. Auf dem Mobile World Congress in Barcelona im Februar diesen Jahres hat das Unternehmen mit dem MateBook sein erstes 2-in-1-Gerät vorgestellt. Damit haben die Chinesen vor allem einen Konkurrenten im Visier – Microsoft mit dem Surface Pro 4. Doch wie gut schlägt sich der stylische Bolide im Alltag? Ich habe es in den letzten beiden Wochen getestet.
Mit dem Slogan „The New Style Of Business“ bewirbt der chinesische Elektronikhersteller sein Schmuckstück und das wird direkt bei der hochwertigen Kartonverpackung sichtbar. In edlem Weiß mit goldenen Buchstaben ist das in meinem Fall goldene Tablet verpackt. Im Hauptkarton befinden sich neben dem Gerät selbst, ein USB Type-C Netzteil samt Kabel und natürlich diverse Schnellstartanleitungen. Separat erhältlich sind das MateBook Cover-Keyboard, der akkubetriebene MatePen sowie der multifunktionale MateDock, die jeweils in eigenen Verpackungen bereitgestellt wurden.
Schon auf dem ersten Blick zeigt sich, dass Huawei großen Wert auf das Design gelegt hat. Das Tablet besitzt ein Unibody-Gehäuse aus goldschimmernden Aluminium, das mit fein gefrästen Kanten versehen ist. Mit Ausmaßen von 279 x 194 x 6,9 mm sowie einem Gewicht von 640 g liegt es trotz 12 Zoll großem Display sehr gut in der Hand. Grund dafür ist nicht zuletzt der dünne Bezel um das IPS LCD-Panel, das ein Display-Gehäuse-Verhältnis von 84% möglich macht. Da kann sich das Surface Pro 4 eine ordentliche Scheibe abschneiden. Aus Platzgründen fehlen dafür etliche Anschlüsse: Neben einem 3,5mm Klinkenanschluss, Stereolautsprechern, einem Powerbutton, einer Lautstärkewippe mit zwischenliegendem Fingerabdrucksensor (über den das Gerät schnell entsperrt werden kann), USB Type-C-Anschluss sowie Tastaturkonnektor ist die Ausstattung recht mager. Apropos Tastaturkonnektor: So schön das Tablet selbst designt und verarbeitet ist, so wenig Mühe haben sich die Chinesen bei der Tasche gegeben – zumindest in der weißen Variante. Das Leder wirkt billig und die Verarbeitung von Tastatur und Trackpad liegen hinter der Surface-Konkurrenz.
Werfen wir einen Blick auf die inneren Komponenten. Das wirklich brilliante IPS LCD Display löst bei einer Bilddiagonalen von 12 Zoll mit 2.160 x 1.440 Pixel auf und liegt damit auf Augenhöhe mit den Surface-Modellen. Die Helligkeit und Blickwinkelstabilität ist überdurchschnittlich gut. Probleme hat das Panel im Outdoor-Betrieb mit der stark spiegelnden Oberfläche. Unter der Haube werkelt ein Core m5-6Y54-Prozessor von Intel, dessen zwei Kerne zwischen 1,1 und 2,4 GHz takten. Für Grafikanwendungen steht die HD Graphics 515 GPU zur Seite. Es handelt sich also um einen Mobilprozessor, der ohne aktive Kühlung auskommt, allerdings auch deutliche Leistungsdefizite besitzt. In Verbindung mit 8 GB RAM sowie 256 GB SSD-Power gingen alltägliche Aufgaben wie Mail, Textverarbeitung, Web-Browsing und dazu Spotify-Streamung allerdings flüssig von der Hand. Etwas erschreckend ist die hohe Wärmeentwicklung im Betrieb. Das Alu-Gehäuse wird sehr schnell sehr warm. Eine Verwendung in den Händen, wie es sich die Verantwortlichen von Huawei ausmalen, ist also nach kurzer Zeit unmöglich. Dafür gibt’s aber auch das Keyboard-Cover, das gleichzeitig auch als Stand dient. Dazu aber später mehr.
Weiterhin verbaut Huawei eine 5 Megapixel Frontkamera, die bei Videoanrufen via Skype eine gute Figur macht und gibt das eigene Konterfei in FullHD wieder. Eine Rückkamera, beispielsweise zum Digitalisieren von geschriebenen Notizen, fehlt. Dafür gibt’s auf der Oberseite zwei Stereo-Lautsprecher. Leider ist der gebotene Sound trotz Dolby Audio-Unterstützung eher dürftig, was nicht zuletzt an der kompakt dünnen Bauweise liegt. Software kann eben nicht alles verbessern. Positiven Eindruck hat allerdings das WLAN-Modul hinterlassen. Es funkt in allen Standards bis ac im 2,4 sowohl 5 GHz Frequenzband und bietet trotz Alu-Gehäuse eine sehr gute Reichweite. Für kabellose Datenübertragungen steht zudem Bluetooth 4.1 zur Verfügung.
Dreh- und Angelpunkt für mobiles Arbeiten ist auch die Akkulaufzeit. Der chinesische Hersteller integriert ein 33,7 Wh starkes Modul, das über ein USB Type-C-Anschluss schnell geladen werden kann. Trotz energieeffizienten Mobilprozessor kann die Laufzeit im Test nicht überzeugen. Je nach Anwendungsfall 4 bis 6 Stunden sind einfach zu wenig. Schon bei einfacheren Multitaskingaufgaben und dem Abspielen von Youtube-Videos schrumpft die Laufzeit spürbar. Ein Arbeitstag ist von Seiten Huaweis also durchaus optimistisch zu sehen. Wichtigstes Utensil für unterwegs ist also das beigelegte Netzteil.
Vieltipper sollten zudem das sogenannte Keyboard-Cover ordern, wenn es denn im Paket nicht enthalten ist. Mit ihm können Texte schnell abgetippt werden. Um auch abends nie die Orientierung zu verlieren ist die Tastatur beleuchtet. Etwas gewöhnungsbedürftig war für mich das opulente Layout: Die Tasten sind überproportional groß, bieten dadurch allerdings keinen spürbaren Zwischenraum. Schnell huscht man unbemerkt über die benachbarten Keys und Vertipper sind vorprogrammiert. Zudem ist der Tastenhub sehr gering und bei der Eingabe gibt das Cover nach. Das Gefühl beim Tippen ist also alles andere als hochwertig. Die dritte Funktion des Covers stellt das Aufstellen des MateBook dar. Mittels stufigem Umklappen der Oberseite und Anhaften an der Rückseite per Magneten kann das Tablet in zwei Positionen aufgestellt werden – wobei beide Stellungen sehr wackelig sind. Auf dem Schoß ist eine Nutzung nahezu unmöglich. Das magnetische Andocken an die sieben Pins gelingt nicht immer auf Anhieb und wirkt dadurch unausgereift.
Einen echten Mehrwert bietet dagegen das 99 Euro teure MateDock, das die Konnektivität erheblich erweitert. Neben zwei USB 3.0, einem USB Type-C zur Stromversorgung und einem LAN-Anschluss spendiert Huawei einen VGA- sowie HDMI-Anschluss. Damit lässt sich das MateBook wahlweise analog oder digital mit Projektor oder Monitor verbinden. Vor allem für Präsentationen ein nützliches Feature. Verpackt ist das globige MateDock in einem Leder-Case, das einem Brillen-Etui ähnelt. Wer hin und wieder handschriftliche Notizen macht oder künstlerisch aktiv ist, dem sei der MatePen ans Herz gelegt. Der akkubetriebene Stylus bietet wie auch sein Pendant am Surface Pro 4 mit 2048 Druckstufen und gab sich im Test keine Blöße. Die Eingaben waren sehr exakt und dank mitgelieferter, umfangreicher Software wie Autodesk Sketchbook lassen sich einfach Notizen oder auch beachtliche Kunstwerke erstellen. Auf der Rückseite befindet sich zudem ein Laserpointer, der vor allem bei Präsentationen behilflich sein kann. Geladen wird der Stift über einen microUSB-Anschluss. Leider fehlt das passende Kabel im Lieferumfang.
Fazit: Nach der Vorstellung des Huawei MateBook auf dem MWC in Barcelona waren meine Hoffnungen groß: Ein leistungsstarkes 2-in-1 mit großem, hochauflösendem Display und zudem kompakten Abmaßen sowie geringem Gewicht. DAS perfekte Arbeitsgerät für unterwegs mit optional erweiterbarer Konnektivität. Als das Testgerät nach der IFA eintrudelte, war die Euphorie groß und der erste Eindruck positiv. Doch je länger ich mich mit dem MateBook auseinandersetzte, desto mehr Nachteile fielen mir auf. Zuerst ist die unterdurchschnittliche Performance bei zugleich kurzer Akkulaufzeit zu nennen. Schon kleinere Multitasking-Aufgaben ließen das Tablet spürbar wärmer werden. Das Keyboard-Cover ist wackelig und das Gefühl beim Tippen billig.
Eine absolute Kaufempfehlung bekommt dagegen das optionale MateDock, das allerdings mit happigen 99 Euro zu Buche schlägt. Anschlüsse wie USB, HDMI und LAN lassen das Huawei 2-in-1 auch im Büro glänzen. Apropos glänzen, das macht auch das 2K-Display. Die Farben und Auflösung sind eine echte Augenweide. Das Panel muss den Vergleich zum Apple-Pendant keinesfalls scheuen. Auch in Sachen Portabilität kann man dem 12-Zöller so schnell nichts vormachen: Das Matebook ist wohl das kompakteste Arbeitsgerät seiner Klasse. Ein echter Zubehör-Tipp ist der MatePen. Er arbeitet ebenso präzise wie der des Microsoft-Konkurrenten, bietet allerdings für Präsentationen einen starken Laserpointer.
Insgesamt eignet sich das MateBook vor allem für Mobilarbeiter, die in der Hauptzeit eine Steckdose zur Verfügung haben oder auf ein leistungsschwaches Zweitgerät für den Außendienst zurückgreifen wollen. Für alle anderen – auch für mich als Studenten – eignen sich besser vollwertige Convertibles wie das ASUS Zenbook Flip UX360, die zudem preiswerter sind. Denn mit Einstiegspreisen ab 876 Euro* für das reine Tablet ohne Zubehör ist das chinesische Erstlingswerk alles andere als ein Schnäppchen. Wer sich für das Gerät interessiert findet bei Notebookcheck einen ausführlichen Bericht.
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