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Auf Achse mit dem Bergamont Grandurance RD 3.

Besonders in der Stadt und auf kurzen Strecken ist das Fahrrad meine erste Wahl zur Fortbewegung. In den letzten Jahren habe ich dafür mein Jugend-Mountainbike genutzt. Es war verfügbar und ich musste keine Angst vor Diebstahl haben. Doch der Raddurchmesser von 26 Zoll war alles andere als angemessen für meine Körpergröße. Deshalb musste ein passendes straßentaugliches Fahrrad her, das preiswert ist und gleichzeitig Spaß bereitet. Die Wahl fiel mit dem Bergamont Grandurance RD 3 auf ein Gravelbike mit wartungsfreier Dynamo-Beleuchtung, robusten Schutzblechen und praktischem Gepäckträger. Ein Fahrbericht.

Blitzendes Erscheinungsbild dank silberfarbenem Rahmen

Seit meiner Kindheit bin ich großer Fan der muskelbetriebenen, lautlosen Zweiräder. Dabei gab es unterschiedliche Phasen: Mal fand ich BMX-Räder fetzig, später Mountainbikes. Heute lerne ich die Vorzüge von sogenannten Gravelbikes zu lieben. Dabei handelt es sich um geländetaugliche Rennräder mit breiteren Reifen und komfortablerer Sitzposition, die auch mal auf der Straße bei hohen Geschwindigkeiten Spaß bereiten. Abgesehen vom geschwungenen Rennradlenker kommt auch das Bergamont Grandurance RD 3 wie ein klassisches Tourenrad daher. Der silberne Rahmen und die matten Anbauteile üben sich in Understatement, einzig die bunt gemusterte Gabel sticht ins Auge.

Das Rad aus St. Pauli ist mit den passenden Komponenten für ein unbeschwertes Pendeln ausgestattet: Das 2×8 Shimano Claris RD-R2000 Schaltwerk bietet eine breite Spreizung zwischen hoher Geschwindigkeit und leichtgängiger Bergübersetzung. Per Shimano Claris ST-S2000 Schalt-Brems-Hebel landen die Befehle butterweich an Schaltgruppe und Kurbel. Die Befehle geben die innenverlegten Bowdenzüge direkt weiter. Zwischen dem 1. und 2. sowie 5. und 6. Ritzel hätte ich mir allerdings einen geringeren Sprung bei der Zahnanzahl gewünscht. So geht die Trittfrequenz doch heftig in die Knie [sic].

Kaum zu bremsende Fahrfreude – oder doch?

Eine der Schwachstellen des Bergamont Grandurance RD 3 ist die installierte Bremse. Dabei handelt es sich mit den Tektro MD-C400 um mechanisch per Bowdenzug schließende Backen an perforierten Scheiben. Das klingt erst einmal vielversprechend. Allerdings sind sie in der Praxis allerdings alles andere als leistungsstark und zuverlässig dosierbar. Erst mit deutlicher Muskelkraft beißen sie zu. Kein Vergleich zu den hydraulischen Scheibenbremsen meines Cube-Mountainbikes. Womöglich muss ich hier noch ein paar Anpassungen treffen.

Wenn ich dann einmal bremse, geben die Beläge streckenweise ein unangenehmes Quietschen von sich. Auch und vor allem dann, wenn es trocken ist und kein Wasser die Scheiben benetzt. Trotz allem stellen die Bremsen kein Sicherheitsrisiko dar. Selbst aus hohen Geschwindigkeiten jenseits der 50 Kilometer pro Stunde konnte ich zuverlässig bis zum Stillstand verzögern. Brenzlige Situationen gab es keine. Das ist wohl auch den vibrationsarmen Schwalbe G-One Allround 28 Zoll Reifen zu verdanken, die trotz Noppen auf den Laufflächen einen guten Grip bieten. Dafür benötigt es auf Asphalt auch etwas Trittenergie, um auf Geschwindigkeit zu kommen.

Bergamont Grandurance RD 3 Details
Das Rad aus St. Pauli besitzt solide Komponenten zu einem guten Preis.

In der Stadt gefällt die sportliche, aber auch komfortable Sitzposition

Deshalb eignet sich das Bergamont Grandurance RD 3 vorzüglich in der verwinkelten Stadt und im flachen Umland zum Pendeln bei mittleren Geschwindigkeiten. Der durch die gestreckte Sitzposition etwas nach vorn verlegte Körperschwerpunkt hilft bei der Kraftübertragung auf die Pedale. Mein Gravelbike ist mit Kombipedalen der Fahrrad XXL-Hausmarke TBG ausgestattet, sodass ich sowohl mit Straßen- als auch mit SPD-Fahrradschuhen unterwegs sein kann. Dank einer großen Auflagefläche habe ich allzeit die volle Kontrolle. Das gefällt.

In Verbindung mit den ergonomischen Griffflächen auf dem sportlichen Rennradlenker lassen sich flotte Ampelstarts vollführen. Innerhalb weniger Meter ziehe und drücke ich mich auf 30 Kilometer pro Stunde. Wer braucht da schon eine Elektrounterstützung? Apropos Elektro. Am Vorderrad ist das Bergamont Grandurance RD 3 mit einem Shimano DH-3D32 Nabendynamo ausgestattet, der das festverbaute Hermanns LED-Front- und Rücklicht mit Strom versorgt. Dank Standlichtfunktion ist das Fahrrad auch bei Dunkelheit an Ampel oder Straßenrad gut sichtbar. Für den Stadtverkehr genügt der Lichtkegel, im finsteren Wald ist eine Zusatzbeleuchtung sinnvoll.

Am Berg macht sich das Gewicht und die grobe Übersetzung bemerkbar

Wobei ich bei der Geländetauglichkeit angelangt bin. Auch ohne Federgabel macht das Bike auf Feld- und Waldwegen eine gute Figur. Mir gefällt, dass ich direkten Kontakt zum Untergrund habe und die Energie nicht versehentlich in die Federung wandert. Für steile Anstiege ist das Bergamont Grandurance RD 3 jedoch nicht gebaut. Zum einen ist es mit 13,2 Kilogramm schwerer als ein nacktes Gravelbike. Zum anderen ist Schaltung auf höhere Geschwindigkeiten optimiert: Die kleinste Übersetzung 1:1 – jeweils 34 Zähne vorn und hinten – ermöglicht zwar auf mittleren Steigungen ein gleichmäßiges „Wickeln“. Allerdings sind mit meinem Mountainbike und Untersetzung weit steilere Wege machbar. Ist die Drehmomentgrenze erreicht, hilft nur noch Absteigen und Schieben. Aber wie sagt man so schön: Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt.

Weitaus schneller und angenehmer geht es dann bergab. Durch die große 5:1-Übersetzung – 50 Zähne vorn und 11 Zähne hinten – lässt sich auch jenseits der 60 Kilometer pro Stunde mit Kraft in die Pedale treten. Während dieser Verschnaufpausen wird deutlich, dass der Syncros Torino 2.5 Sattel komfortabler ist als angenommen. Selbst nach mehrstündigen Ausflügen hatte ich keine Gesäßschmerzen. Ausgedehnten Tagestouren steht auch dank des Racktime SnapIt 2.0 Gepäckträgers nichts im Wege. Jedoch fehlt die Möglichkeit Gegenstände zu klemmen. Eine Fahrradtasche mit Aufhängesystem ist deshalb eine sinnvolle Investition. Bis zu 20 Kilogramm trägt der schmale Leichtbauträger. Im Test konnte ich den Einkauf problemlos transportieren und selbst die einseitige Montage bringen das Fahrrad nicht aus dem Gleichgewicht. Daumen hoch!

Bergamont Grandurance RD 3 auf Waldweg
Leichte bis mittlere Anstiege lassen sich mit dem Bergamont GRandurance RD 3 problemlos meistern.

Fazit Bergamont Grandurance RD 3: Der Brot-und-Butter-Commuter

Während der Corona-Pandemie erlebte das Fahrrad seine Renaissance. Die Nachfrage war so groß, dass die Hersteller den Markt nicht vollständig bedienen konnten. Nun in 2023 sind die Lager der Händler voll und die Preise im angemessenen Bereich. Auch ich habe vor einigen Wochen zugeschlagen und das Bergamont Grandurance RD 3 bei Fahrrad XXL zum Kurs von 1099 Euro gekauft. Für das tägliche Pendeln bietet es ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis und bringt beim Fahren auch noch Spaß.

Klar, man darf hier kein auf Praktikabilität getrimmtes Rennrad erwarten. Das Gewicht ist hierfür zu hoch und die Bremsen zu schwammig. Auf der anderen Seite verbietet sich aufgrund der großen Übersetzung der Vergleich mit einem Mountainbike. Es ist wohl ein solides Tourenfahrrad mit Anleihen aus dem Rennradsport (Lenker und Sitzposition) als auch dem Offroad-Bergfahren (Reifen und Robustheit). Ein solides Gravelbike für den Alltag eben.

4 Kommentare

  1. Patrick Patrick

    Bremsbeläge gegen Shimano B05S-RX tauschen. 10€ und Ruhe beim Bremsen.

  2. Johannes Johannes

    Danke für den Tipp habe mir das Rad auch gekauft. Welche Tasche hast du dran? Ich bin noch auf der Suche nach einer geeigneten.

    • Danke sehr! Ich habe damals recht unüberlegt eine günstige Bilemate-Tasche bei Aldi gekauft. Ist soweit robust und praktisch, allerdings von der Qualität nicht mit den teuren Taschen von Vaude oder Ortlieb vergleichbar. Sie könnte ein paar mehr Fächer haben und für den Einkauf etwas größer sein. Ich habe mich damit jedoch arrangiert.

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