Mit seinen prächtigen Farben ist der Herbst meine liebste unter den vier Jahreszeiten. Die noch warmen Sonnenstrahlen sorgen für angenehme Temperaturen und herrliche Lichtstimmungen – besonders in den Bergen. Auch deshalb eignen sich die Monate September und Oktober für einen ausgedehnten Wanderurlaub. Wer den Weg über die Alpen auf sich nimmt, findet im italienischen Südtirol um Meran und Lana eine mediterrane Region mit malerischen Wegen und mannigfaltigen Aussichten. Einige Eindrücke einer Woche voller landschaftlicher und kulinarischer Highlights.
Tag 1: Auf Erkundungstour in Völlan und Lana
Natürlich ist die Region zwischen Brixen, Bozen und Meran keine unbekannte Region und schon gar kein Geheimtipp. Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. Und doch lassen sich in den kleineren Dörfern ruhige Flecken finden. So etwa in Völlan, 20 Kilometer südlich von der Stadt Meran entfernt. Der Ort liegt erhoben am Rande des Etschtals und somit abseits der Hauptverkehrsadern. Besonders beliebt sind die beiden Campingplätze, doch auch schmucke Ferienwohnungen lassen sich finden. Die Wahl fiel auf ein klassisches Dorf-Apartment von Edith Lochmann. Recht spartanisch und doch funktional sollte es als Ausgangspunkt für viele Entdeckungen dienen. Zum Entspannen laden Pool und Liegen mit einem grandiosen Ausblick ins Tal ein.
Bereits auf 700 Meter gelegen, eignet sich Völlan als perfekter Ausgangspunkt für kleine Routen zum Akklimatisieren und Ankommen in einer der sonnenreichsten Ecken Europas. Nicht ohne Grund besteht der Ort zum Großteil aus Apfel- und Weinplantagen, die es zu erkunden gilt. Im Herbst lohnt sich ausdrücklich ein Besuch des Kastanien-Erlebnisweges, der über die Besonderheiten der Maronen und deren Anbau aufklären möchte. Die fruchtbehangenen Bäume umrahmen malerisch den flachen Schotterweg, der eine prächtige Aussicht auf das 1000-Seelen-Dorf bietet. Für die Stärkung lohnt sich ein Abstecher zum „Bauer am Stein“, einer Buschenschank am Bauernhof. Die Speisen und Getränke sind nicht nur extrem lecker, sondern auch preiswert. Zudem hält sich der touristische Ansturm in Grenzen, obwohl das Panorama von der Terrasse grandios ist.
Der Weg hinunter führt durch den Ortskern mit der Kirche und den Ruinen der altehrwürdigen Mayenburg. Sie wurde ab dem 13. Jahrhundert als Gerichtsschloss des Gerichts Meran für kleinere Vergehen genutzt. Sie ist seit 1920 in Besitz der Familie Auffinger aus Meran und leider für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Dafür mit eigener Bushaltestelle. Mit dem für alle Südtirol-Reisenden kostenlosen Linienbus gelangt man innerhalb von 10 Minuten in den Ortskern des Städtchens Lana. Neben den Läden des täglichen Bedarfs mit regionalen Highlights gibt es eine Vielzahl an Kirchen und historischen Gebäuden zu Entdecken.
Tag 2: Von Lana über den Marlinger Waalweg nach Meran
Der Ort Lana bietet zudem viele Ausflugsmöglichkeiten. Wer es hoch hinaus mag, kann auf das Vigiljoch wandern oder sich mit der Bahn hinauf transportieren lassen. Doch die Talstation ist auch Ausgangspunkt einer wunderschönen, rund sechs Kilometer langen Wanderung nach Meran. Der Weg führt entlang des Marlinger Waalweges. Dabei handelt es sich um einen der vielen Bewässerungskanäle, die ab dem 13. Jahrhundert zwischen Weinhängen und Obstplantagen errichtet wurden. Sanft wie das fließende Wasser schlängelt er sich an der Westseite des Etschtales entlang. Die Weinranken spenden willkommenen Schatten. Immer wieder öffnet sich der Blick in das malerische Südtirol mit seinen zahlreichen Burgen. Besonders imposant ist die Aussicht auf Schloss Lebenberg. Zahlreiche Buschenschanken laden zum Verschnaufen ein. An sonnigen Tagen lassen sich am Wegrand so manche fruchtige Energietankstellen finden.
In Marling angekommen, empfiehlt es sich für die letzten Kilometer in die norditalienische Stadt Meran den Linienbus zu nehmen. Mit ihm sind die Hauptverkehrsstraßen schnell und nervenschonend überwunden. An der Haltestelle Therme ausgestiegen, ist die prächtige Passer-Promenade nur wenige Schritte entfernt. Die Bänke mit Blick auf den Fluss Passer sind ein beliebtes Ziel zum Verweilen und Sonnen. Wer es eher kühler mag, schlendert durch die schmalen, schattigen Gassen und bewundert die alten Fassaden und Fenster mit den historischen Fensterläden. Neben dem Probieren einer typisch italienischen Pizza, ist der Besuch einer Gelateria Pflicht. Das Eis ist einfach köstlich.
Tag 3: Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff
Als Fan der bunten Blütenpracht ist ein Tagesausflug zu den Gärten von Schloss Trauttmansdorf empfehlenswert. Zwar beträgt der Eintritt mittlerweile 16 Euro pro Person. Allerdings öffnet sich dann die Tür zu einem der schönsten Gartenanlagen Italiens. Romantisch am Hang gelegen, laden vier verschiedene Gartenwelten zum Entdecken ein. Der Rundweg beginnt bei den Waldgärten und führt hinauf zu den Sonnengärten. Am künstlich angelegten Palmenstrand zieht Meeresfeeling ein. Über eine Voliere, die einige farbenfrohe Vögel beherbergen, führt der gepflasterte Weg bis hinauf zum Aussichtspunkt „Matteo Thun’scher Gucker“. Einem großen Fernrohr nachempfunden, ragt die Plattform etwa 100 Meter über dem tiefsten Punkt der Gärten. Auch Meran und das Umland liegt den Besuchenden zu Füßen. Apropos zu Füßen liegen: Im Garten für Verliebte sorgen romantische Rosen und schmucke Skulpturen für eine amouröse Stimmung.
Am sonnenbeschienenen Hang unterhalb von Schloss Trauttmansdorf erstrecken sich die Gärten Südtirols. Farbenprächtige Blüten wechseln sich mit stachelig spitzen Kakteendornen ab. Unten angekommen erwartet ein verspielt angelegtes Labyrinth die Besuchenden. In der „Botanischen Unterwelt“ erfährt man während einer unterirdischen, kurzweiligen Multimedia-Show spannende Fakten über Wasser, Erde, Nährstoffe, Wurzelwerk und Licht. Im Schatten der Bäume, an Alpakas und Schafen entlang, schlängelt sich der Rundweg bis zu einer Abenteuerbrücke. Nicht nur Kinder haben beim Durchqueren der schwankenden Holzkonstruktion ihren Spaß.
Ziel der kleinen Reise in die Botanik ist der kleine angelegte Teich unterhalb von Schloss Trauttmansdorf. Ringsum findet sich nicht nur der letzte Bereich „Wasser- und Terrassengärten“, sondern auch Bänke zum Entspannen und ein kleines Café mit schmackhaftem Gebäck und erfrischendem Eiskaffee. Im Eintrittspreis inbegriffen ist der Besuch des Touriseums. Dort gibt es interessante Informationen zu Sissis Aufenthalten und der Entwicklung des Tourismus in Südtirol. Nach insgesamt drei bis fünf Stunden einmaliger Entdeckungen wird der Eingang wieder erreicht.
Tag 4: Per Seilbahn nach Vöran und hinauf zum „Knottnkino“
In der MeranCard, dem Nahverkehrsticket für Reisende, sind nicht nur zahlreichen Busse inkludiert. Insgesamt vier Bergbahnen in der Region zwischen Meran, Lana und Bozen warten darauf kostenlos erkundet zu werden. Nur einen Katzensprung entfernt ist die Seilbahn von Burgstall nach Vöran, einen kleinen Dorf auf 1.200 Meter Höhe. Im 20-Minuten-Takt bringt die Kabine die Menschen aus dem Tal hinauf. Oben im Ort angekommen, führt über Felder und Wiesen ein schmaler, aber nicht allzu frequentierter Pfad mit herrlicher Aussicht bis zum Hofschank Eggerhof.
Am Parkplatz vorbei begrüßen dutzende Steinmandln (kleine Steinmännchen) alle Wandernden und sorgen für die ein oder anderen Wow-Effekte. Das passende Muh dazu kommt von den Kühen und Rindern, die die Weiden entlang des nunmehr gut ausgebauten Weges säumen. Einen letzten steilen Anstieg geht es die roten Porphyrfelsen hinauf zum 1465 Meter hohen Rotsteinkogel. In Blickrichtung des Etschtales um Meran laden Kinosessel aus Metall und Holz zum Verschnaufen ein, das sogenannte „Knottnkino“. Der Anblick ist witzig wie bizarr: Es karikiert auch den Tourismus der Berge, der einer Naturvorführung gleicht. Auf dem Rückweg lohnt ein Abstecher zum Hofschank Eggerhof, bevor es wieder zurück zur Bergstation nach Vöran geht.
Tag 5: Von der Gaulschlucht über den Brandiswaalweg zum Brandis Wasserfall
In den Alpen gehört der Besuch einer Klamm zum Pflichtprogramm. Direkt bei Lana befindet sich die kleine, aber feine Gaulschlucht. Insbesondere an warmen Tagen ist die kühle Temperatur eine Wohltat. Im Herbst begeistern die Lichtspiele in Verbindung mit den bunten Blättern. Die schwingenden Hängebrücken sind jedoch nichts für Menschen mit Akrophobie. Da ist der Brandiswaalweg auf flachem Terrain schon angenehmer. Er bietet einen weiteren, eindrucksvollen Blickwinkel aus 80 Meter Höhe auf den Ort Lana und das Etschtal. Teilweise führt der von Graf Brandis im Jahre 1835 errichtete Pfad auf Holzbohlen an den Felsen des Gampenpasses entlang.
Das Ende des Promenadenweges durch Obstanlagen und Mischwälder markiert der Brandis Wasserfall. Rund 97 Metern fällt das kühle Nass zu Boden. Dadurch ist es im Talende immer angenehm frisch und die Luft rein – das richtige Ziel an einem warmen Spätsommertag. Für einen schnellen Snack lohnt sich ein Besuch der Waalrast rund hundert Meter vom Wasserfall entfernt. Für all jene mit großem Hunger empfiehlt sich der kurze Weg ins Tal nach Niederlana zur Buschenschank Rebmannkeller. Sowohl der liebliche Wein als auch die herzhaften Speisen lassen die Herzen von Feinschmecker:innen höher schlagen. Tipp: Zumindest abends ist eine Reservierung sinnvoll. Nach der Stärkung geht es durch den Ort zur Bushaltestelle nach Oberlana zurück.
Tag 6: Von Dorf Tirol über den Algunder Waalweg, die Leiter Alm und den Meraner Höhenweg zum Hochmuth
Wer in Südtirol zu Gast ist, sollte sich das geschichtsträchtige Dorf Tirol nicht entgehen lassen. Auch wenn der Ort durch den Tourismus stark frequentiert ist, eignet er sich hervorragend als Ausgangspunkt einer leichten Wanderung entlang des Naturparks Texelgruppe. Die erste Wegstrecke besteht aus dem Algunder Waalweg, der sich in der Sonne durch die Anbaugebiete schlängelt und einen schönen Ausblick auf das historische Schloss Tirol bietet. Kurz vor dem Örtchen Oberplars geht es etwas abwärts zur Talstation des Sesselliftes. Für sieben Euro bringt er alle Wandernden hinauf nach Vellau. Von dort führt ein Wanderweg zur Leiteralm. Alternativ bringt ein weiterer Korblift (9 Euro) alle Genießer:innen nach oben auf 1.550 Meter Höhe.
Von der Familie Innerhofer geführt, ist die Leiter Alm ein beliebtes Ausflugsziel sowohl für Einheimische als auch für Tourist:innen. Neben Brettljausen aus regionalen Produkten werden traditionelle Südtiroler Speisen angeboten. Von der Terrasse eröffnet sich ein malerisches Panorama über Meran und das Etschtal. Das Highlight des Tages, der Meraner Höhenweg, startet rechts der Hütte mit einem hölzernen Tor. Gutes Schuhwerk vorausgesetzt, ist jeder Schritt ein Genuss mit atemberaubendem Ausblick auf die Gipfel und das Tal rund um Meran. Selbst am späten Nachmittag bescheint die Sonne den schmale Pfad, sorgt auch im Spätherbst für hohe Temperaturen und effektvolle Lichtstimmungen. Letztere lassen sich besonders gut von der Aussichtsplattform am Hochmuth bestaunen, die das Ziel der Wanderung markiert. Der Blick schweift bis hinüber zum Ifinger, Hirzer und dem Skigebiet um Meran 2000. Nach einem aufregenden letzten Urlaubstag geht es mit der Bergbahn (14 Euro) wieder zurück nach Dorf Tirol, dem Ausgangsort der Wanderung.
Fazit einer Woche Herbst in Südtirol: Von farbenfroher Natur und fabelhafter Nahrung
Die Region Südtirol ist wohl eine der schönsten Bergregionen in Europa. Zum einen sorgt das fast schon mediterrane Klima im Norden Italiens für sonnenreiche, warme Tage und einer vielfältigen Flora und Fauna. Zum anderen verwöhnt die herzhafte und süße Kulinarik den Gaumen vor, während und nach den Wanderungen. Doch es wird auch sichtbar, dass der Tourismus eine der großen Wirtschaftszweige ist: Das Straßennetz ächzt unter der Vielzahl von Fahrzeugen. Zwar sorgt das kostenlose Nahverkehrsticket für etwas Entspannung, allerdings wird es nur von einem kleinen Anteil der Gäste genutzt. Schade, denn die Taktung um Meran ist kundenfreundlich und die nervige Parkplatzsuche entfällt.
Ein Urlaub mit Anreise per Bahn ist also durchaus machbar – auch und gerade weil die Alpen-Transitstrecke über den Brenner regelmäßig kollabiert und sich die Fahrzeit vervielfacht. Trotz allem lassen sich in den kleinen Orten ruhige Flecken finden, die einen hohen Erholungsfaktor bieten. Das Dorf Völlan ist eines davon. Gerade das persönliche und herzliche Verhältnis zu Vermieter:innen, welche auch die ein oder anderen Geheimtipps in der näheren Umgebung parat haben, wusste ich zu schätzen. So kann ein Urlaub gelingen.