Die Tage werden kürzer und der Herbst ist hierzulande eingezogen. Besonders romantisch lässt sich die goldene Jahreszeit hoch im Norden Deutschlands an der Ostseeküste erleben. Für einen Hobby-Fotografen wie mich Grund genug der Region mit der Kamera einen kurzen, aber eindrucksvollen Besuch abzustatten. Einige Eindrücke eines wechselhaften Tages auf der Insel Usedom in Mecklenburg-Vorpommern.
Ein mystischer Sonnenaufgang und stürmische Kaiserbäder
Es ist kurz vor 7 Uhr in Bansin, einem der drei Kaiserbäder der Insel. Nebelschwaden wandern an diesem Oktobertag über Land und Meer. Ruhig plätschern die leichten Wellen an den feinen Sandstrand. Das schummrige Licht erlaubt lange Belichtungszeiten des Kamerasensors, um dem Meer eine fantastische Dynamik zu verleihen. Rosafarbene Wolken kündigen den nahenden Sonnenaufgang an. Plötzlich lichtet sich der Dunst und am Horizont zeigt sich der orangefarbene Feuerball. In der Stille begrüßen die Möwen den neuen Tag.
Nach dem Bad in der Ostsee treffen sich die maritimen Flugtiere zum Bad in der Sonne auf dem Steg des Schloonsees. Schnell entbrennt der Kampf um die besten Plätze. Denn die warmen Strahlen sind im Herbst rar. In der Ferne ziehen bereits dunkle Wolken auf. Nur wenige Kilometer weiter in den Ostseebädern Heringsdorf und Ahlbeck peitscht der Wind das Wasser an die Seebrücken. Der Weg an die Spitze des Schiffsanlegers gleicht einem Geschicklichkeitslauf. Immer wieder spritzt das Wasser durch die Bohlen. Kitesurfer nutzen Wind und Wellen für einen wilden Ritt auf dem Board.
Über die Steilküste von Bansin nach Zinnowitz
Es dauert eine Weile bis die Regenwolken verzogen sind. Blaue Abschnitte am Himmel über der Insel Usedom animieren zum Spaziergang an die Steilküste von Bansin. Dick gekleidet und mit Wintermütze ausgestattet führt der Weg über einige lokale Fischereien hin in naturbelassenes Terrain. Sturmgeschädigte Äste liegen im abgerutschten Sand. Der Blick schweift langsam umher. Über dem Strand segelt ein Paragleiter – nahezu stillstehend. Einige wenige Schiffe und Boote lassen sich auf dem Meer ausmachen. Umso mehr Menschen nutzen das Wetter für eine ausgedehnte Wanderung.
An diesem Nachmittag stellt das 4.000 Einwohner zählende Zinnowitz ein lohnenswertes Ziel dar. Die Sonne schickt nun wärmende Strahlen, die den Sand angenehm temperieren. Zahlreiche Hände graben nach außergewöhnlichen Steinen und einzigartigen Muscheln. Windschützende Strandkörbe laden zum Verweilen an der herbstlichen Ostseeküste ein. Das Rauschen des Meeres lässt die Seele wandern. Mutige Möwen baden im frischen Wasser und genießen vielleicht einen der letzten warmen Tage des Jahres.
Von fliegenden Drachen in Karlshagen und farbenfrohen Raketen in Bansin
Spektakulärer geht es nur wenige Kilometer nördlich im kleinen Örtchen Karlshagen zu. Dort findet traditionell Anfang Oktober das „Usedomer Drachenfestival“ statt. Mannigfaltig erheben sie sich die Fesseldrachen in die Höhe. Besonders imposant sind die meterlangen Figuren Pittiplatsch und Schnatterinchen aus der TV-Sendung Sandmännchen. Aber auch überdimensionale Krebse und Lokomotiven recken sich in die Lüfte. Das ganze Dorf und eine Vielzahl der Inseltourist:innen sind auf dem Beinen und verfolgen das farbenfrohe Spektakel. Am Lagerfeuer lässt sich dieser Tag vorzüglich ausklingen, bevor mit Einbruch der Dunkelheit ein letztes Tageshighlight folgt.
An der 42 Kilometer langen Ostküste der Insel Usedom werden an diesem Abend insgesamt zehn Feuerwerke gezündet. Im 10 Minutentakt erhellt sich der dunkle Himmel farbenfroh. Es ist Punkt 19.30 Uhr als die ersten Raketen in den Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin zünden. Die Seebrücken dienen als breite Startrampen. So kommen die bunten Flugkörper noch besser zur Geltung. Meer und Sandstrand bieten einen eindrucksvollem Rahmen für das jährliche Schauspiel anlässlich des Tages der Deutschen Einheit. Ein wahrer Augenschmaus bevor sich der Tag dem Ende neigt. Diese facettenreichen Stunden haben mir gezeigt, dass die Ostsee auch im Herbst ein lohnendes Ausflugsziel ist.