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Lytro Illum im Alltagstest.

Lytro schickt sich seit einiger Zeit an die Fotografie zu revolutionieren. Bereits 2013 hat der kalifornische Hersteller ein erstes Modell mit der neuen Lichtfeldtechnologie auf den Markt gebracht, das ich mir im September schon genauer anschauen durfte. Nun steht mit der Lytro Illum der wuchtige Nachfolger ins Haus. Doch wie steht es um die Bildqualität und wie praktikabel ist das Konzept? Das soll dieser Test klären.

Verpackung und Lieferumfang

Schon an der Verpackung merkt man, dass der Hersteller Lytro in direkter Nachbarschaft zum Lifestyle-Unternehmen Apple im kalifornischen Silicon Valley seinen Sitz hat: Der hochwertige Karton kommt im praktisch, quadratischen Format daher und ist sicher einen zweistelligen Eurobetrag wert.

Lytro Illum Karton Animation

Ist die Banderole entfernt, kann der Karton über eine Lasche geöffnet werden. Kamera und Zubehörteile befinden sich in separaten Schachteln, die nervig separat geöffnet werden müssen. Im Lieferumfang befindet sich neben der Kamera (inkl. Objektivdeckel), die das Herzstück der Verpackung bildet, ein 3.760 mAh starker Akku samt Aufladestation, ein USB 3.0-Kabel, eine Gegenlichtblende sowie eine (leider billig wirkende) Trageschlaufe.

Design und Verarbeitung

Mit der Illum ist dem Hersteller Lytro ein echtes Design-Meisterstück gelungen. Anders als noch die quaderförmige (Test-)Generation, sieht die Lichtfeldkamera wie ein vollwertiges Spiegelreflex-Modell aus. Das aus Magnesium und Aluminium bestehende Gehäuse liegt auch aufgrund des opulenten Objektivs gut in der Hand. Dazu trägt auch das recht hohe Gewicht von einem Kilogramm bei. Die Bedienelemente auf der rechten Seite sind gut zu erreichen. Auch in Sachen Verarbeitungsqualität lässt sich das Unternehmen nicht lumpen. Einzig Schärfe- und Zoomring könnten besser verarbeitet sein, aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau.

Lytro Illum Seitenansicht

Hardware und Bedienung

Kommen wir nun zu den inneren Werten und technischen Daten der Lytro Illum. Der Fotosensor löst nicht mit herkömmlichenn Megapixel, sondern mit so genannten Megarays, also Millionen Lichtstrahlen, auf. Bis zu 40 kann die Kamera erfassen. Umgerechnet erreicht der Apparat (auf den ersten Blick magere) 4 Megapixel. Die aufgenommenen „Fotos“ werden im 3:2-Format gespeichert. Das fest verbaute Objektiv bietet eine Brennweite von 30-250mm und damit einen 8-fachen Zoom. Die Blende beträgt konstante f/2.0. Verschlusszeiten bis 1/4000s können realisiert werden.

Um dem Datenstrom Herr zu werden werkelt ein Snapdragon 800 Quad-Core-Prozessor von Qualcomm im Apparat, der auch in aktuellen High-End-Smartphones zu finden ist. Der SD-Karten-Slot kann mit einen SDXC-Speicher befüllt werden. Der Großteil der Bedienung findet auf dem 4 Zoll großen LCD-Touchscreen statt, der mit 480×800 Bildpunkten auflöst.

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Um mit der Lytro Illum arbeiten zu können, ist etwas Übung vonnöten: Die Bildkomposition besitzt bei der Lichtfeldfotografie eine deutlich höhere Priorität. Die abzulichtenden Elemente sollten über mehrere Ebenen verteilt sein, um einen möglichst schönen 3D-Effekt zu erzielen.

Dabei hilft ein Tiefenhistogramm, das per Druck auf die Lytro-Taste aktiviert werden kann. Dann werden Vorder- und Hintergrund blau respektive orange gefärbt. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, sollten bei der Aufnahme beide Farben im gleichen Maße vertreten sein. Deshalb eignen sich für Lichtfeldaufnahmen besonders gut nahe Objekte, die über mehrere Ebenen verteilt arragiert sind. Einige Beispielaufnahmen können dazu im Mineralien-Beitrag betrachtet werden. Das Aufnehmen erfordert dabei vor allem eines: Zeit. Wer Schnappschüsse machen möchte, ist mit der Lytro Illum definitiv fehl am Platz.

Die weiteren Einstellungsmöglichkeiten wie Verschlusszeit, ISO-Wert, Belichtungskorrektur oder Weißabgleich sind ähnlich einer Spiegelreflex- oder Systemkamera. Auch ein Belichtungs-Histogramm kann live eingeblendet werden. Neben Belichtungsreihen können noch so genannte Fokusreihen aufgenommen werden – wobei sich mir diese Funktion nicht wirklich erschlossen hat. Ein weiteres tolles Feature, das mittlerweile zum Standard bei DSLRs zählt, ist der digitale Horizont mit dem schräge Aufnahmen der Vergangenheit angehören. Über den Touchscreen sind alle Optionen der Kamera schnell, einfach und vor allem intuitiv zu erreichen.

iPhone-Nutzer können sich über eine entsprechende App freuen, über die das Smartphone per WLAN verbunden werden kann. Damit ist dann ein ferngesteuertes Auslösen sowie ein Betrachten und direktes Teilen der Aufnahme möglich. Eine Android-Anwendung gibt es derzeit leider noch nicht, sodass ich diese Funktion leider nicht ausprobieren konnte.

Software

Wie auch bei der Lytro der ersten Generation kommt auf dem PC oder Mac die kostenfreie „Lytro Desktop“-Software zum Einsatz. Schon damals bemängelte ich die hakelige Steuerung und den Leistungshunger der Anwendung. Die schlechte Nachricht vorweg: Es ist nicht besser geworden. Die Gute: Es wurden seit September einige Funktionen zur Bildbearbeitung hinzugefügt.

Lytro Desktop Software

Das Importieren dauert aufgrund der Bildgröße von 60 MB leider recht lang. Auch die softwareseitige Bearbeitung trägt ihren Teil dazu bei. So können bei 30 Bildern schnell mal eine knappe dreiviertel Stunde ins Land gehen. Sind die Bilder eingelesen kann daran experimentiert und gespielt werden. Der Editor bietet allerhand Bearbeitungsoptionen, die Fotoexperten bereits von Photoshop und Co. kennen.

Besonders toll kommen die sogenannten „Living Pictures“ in Animationen zur Geltung. Die Software bietet dabei von Haus aus verschiedene Varianten. So kann ein Schärfeverlauf vom Hinter- in den Vordergrund oder eine Bewegung um das Objekt im Vordergrund animiert werden. Leider dauert das Rendern selbst bei nur 7 sekündigen Sequenzen überdurchschnittlich lang.

Wer die erstellten Aufnahmen anderen bereitstellen möchte, kann dies im Lytro-eigenen Lichtfeld-Album tun. Die Fotos werden als Flash gespeichert und so können Betrachter selbst mit dem Schärfepunkt spielen. Leider gibt es hin und wieder Probleme bei der Konvertierung in das Flash-Format, sodass die Aufnahme rauscht. Auch bei dünnen Gegenständen wie Ästen kann die Software nicht einwandfrei speichern, wo sich das Objekt befindet. Einige Beispielaufnahmen gibt’s in der folgenden Galerie.

Fazit

Mit der Illum hat Lytro eine leistungsstarke Weiterentwicklung der ersten Generation auf den Weg gebracht: Die Bildqualität ist deutlich besser geworden und die Bilder sehen deutlich „lebendiger“ aus. Doch leider ist das Konzept auch aufgrund der schlechten Desktop-Software für den Nutzer nichts anderes als ein Experiment. Zu Beginn versprach ich mir ein deutlich schnelleres Knipsen, da Schärfeeinstellungen im Nachhinein getroffen werden können – der Gegenteil war der Fall. Erst sucht man immer nach der richtigen Perspektive und dann benötigt man mehr als die doppelte Zeit in der Nachbearbeitung. Dafür machen die Ergebnisse umso mehr Spaß und die Effekte sind echt schön anzusehen. Ob diese Freude nun den Kaufpreis von 1.600 Euro wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

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