Wer in der aktuellen Musikwelt bestehen will, darf nicht nur auf Qualität setzen, sondern sollte auch eine Kunstfigur darstellen. Mit Mittelscheitel, geflochtenen Zöpfen, Trainingshose und Bomberjacke macht der aus Berlin stammende Roman Geike alias Romano also vieles richtig. Doch wie gibt sich der taffe Rapper im Live-Konzert? Am Samstag gab er im Chemnitzer Szene-Club Atomino ein furioses Gastspiel.
Als die drei Musketiere, wie Romano seine Combo liebevoll nennt, die Bühne betreten, sind es nicht nur 20- bis 30-jährige, die die Musiker frenetisch empfangen. Im Publikum finden sich auch deutlich jüngere Teenager, aber auch junggebliebene 50-jährige, die den Künstler gebührend feiern. Er ist ein echtes Phänomen, wie es auch der Spiegel in einem Artikel beschreibt. Zu wummernden Bässen beginnt Romano mit „Köpenick“, einer Hommage an seinen Berliner Heimatbezirk und „Der schöne General“, einem Titel mit Schlageranleihen. Dabei vergibt er in der kuscheligen Clubatmosphäre intime Streicheleinheiten und lässt die Gäste lautstark mitsingen mitgrölen. Den Fans gefällt‘s.
Als „Brenn die Bank ab“ erklingt, kramt Romano Papiergeld mit seinem Konterfei hervor und wirft es in die Menge. Etwas kitschig, aber irgendwie passt das dann doch zum nicht ganz ernst zu nehmenden Künstler, der sich allerdings selbst nicht als Ulknummer sieht. Es folgen der historisch angehauchte Song „Maskenball“ sowie „Heiß Heiß Baby“, eine Ode an „hässliche“ Menschen, die in den Augen Romanos besonders attraktiv sind. Damit schnappt er sich bei den Gästen etliche Sympathie-Punkte.
Zu vielen Songs erzählt Romano eine Geschichte. So auch zu „Romano und Julia“ – einem Song, bei dem er einen gleichnamigen Chemnitzer Fan auf der Bühne mit Sekt empfängt und in seine extravagante Performance einbezieht. Absolute Publikumslieblinge sind auch Titel wie „Klaps auf den Po“, bei dem er Gästen der ersten Reihe den Allerwertesten tätschelt. Richtig brannte die Hütte allerdings erst bei „Metalkutte“, der ersten Single, die so richtig auf dem Musikmarkt einschlug – zumindest bei Jugendlichen. Seinerzeit wurde ich über den Mix der Woche via Spotify auf ihn aufmerksam.
Direkt aus dem Tonstudio brachte Romano Songs wie „Mutti“ und „Ruf meinen Anwalt an“ mit. In ersterem beschreibt er, wie der Titel vermuten lässt, mit nicht ganz ernst zu nehmenden Worten (s)eine krasse Mutter, die doch viel härter sei als er selbst. In „Ruf meinen Anwalt an“ spielt er geschickt mit den Wörtern. Beides könnten in der Szene echte Hits werden. Den Abschluss des rund 75 Minuten langen Gigs – mehr Songs gab und gibt es bis dato nicht zu spielen – bildeten Titel wie der jamaikanisch angehauchte „Marlboro Mann“, die etwas monoton anmutende „Straße“ und das kapitalismus-kritische „Immun“. Insgesamt unterhielt Romano die Fans gebührend. Mehr noch: Durch die Clubumgebung schaffte er eine äußerst intime Atmosphäre mit allerhand Interaktion. Bleibt nur zu hoffen, dass er auch in Zukunft seiner Linie treu bleibt. Denn Künstler wie ihn gibt es nur wenige.
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