Wohl in keinem anderen Jahr habe ich mich so sehr auf eine Auszeit vom aufregenden Alltag gefreut. Die besonderen Herausforderungen der ersten Jahreshälfte hatten ihre Spuren hinterlassen. Diesmal ging es in das altehrwürdige Seebad Ueckermünde in Vorpommern am Stettiner Haff. Fernab der großen Touristenströme genossen wir entspannte Tage am Strand, im Wasser, auf dem Fahrrad und in der Stadt. Einige Eindrücke.
Lagunenstadt besticht mit maritimer Hafenstimmung
Die Wahl der Unterkunft fiel ziemlich kurzfristig auf eine kleine, schnuckelige Ferienwohnung im Bereich des Yachthafens, der Lagunenstadt. Der eigene Stadtteil befindet zwei Kilometer nordöstlich des Zentrums und besticht durch seinen Hafencharme. Private Bootsbesitzer können sich dort eine Anlegestelle mieten und optional in den angrenzenden Backsteinhäusern übernachten.
Aber auch nur Möchtegern-Matrosen können eine der preiswerten Unterkünfte buchen. Besonderer Clou sind die Balkone hin zu den Kanälen und Segelbooten. Da kommt fast schon Mittelmeer-Feeling auf. Wir hatten das Glück in einer Eckwohnung mit zusätzlichem Blick zur Ueckermünder Altstadt zu nächtigen. Die helle Studio-Wohnung hielt neben Kochmöglichkeiten auch Schreibtisch, Smart-TV und WLAN bereit – wobei die Verbindungsgeschwindigkeit zum Digital Detox animierte.
Strandgefühl wie an der Ostsee
Die beiden ersten Tage verbrachten wir am Strand des nur fünf Gehminuten entfernten Haffbades. Nach altem Vorbild entstand am Stettiner Haff ein breiter Sandstrand mit FKK- und Hundebereich. Imbisse, ein Kiosk und ein vornehmes Rotary-Restaurant laden zum Genießen ein. Zudem gibt’s die Möglichkeit Banana-Boat zu fahren, Minigolf zu spielen oder einfach nur im angrenzenden Park zu spazieren. Die Mündung der Uecker mit seinem prominenten Leuchtturm lädt zum Beobachten der ein- und ausfahrenden Boote ein.
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation fiel die entspannte Strandbelegung positiv auf. Anders als in den großen Ostseebädern hatte man allzeit einen angenehmen Abstand zu den Nebenliegenden. Zudem verbringen weniger Familien die Ferienzeit in Ueckermünde, sodass es deutlich ruhiger zugeht. Da das Stettiner Haff von der kalten Ostsee weitestgehend abgetrennt ist, liegt die Wassertemperatur deutlich über der des Baltischen Meeres. Ein weiterer Vorteil der Urlaubsregion.
Altstadt von Ueckermünde eignet sich zum Bummeln
Mit 9.000 Einwohnern ist Ueckermünde nicht ganz so touristisch geprägt wie die Ostseebäder auf Usedom, Rügen oder dem Darss. Der Kleinstadt-Charakter des Seebads macht sich vor allem beim Schlendern durch die Altstadt bemerkbar. Nordische Backsteinbauten reihen sich an hübsch renovierte Fachwerkhäuser. Charmante Beispiele sind der Schweinemarkt oder auch der Marktplatz. Die Ueckerstraße überrascht als schmale Einbahn-Gasse mit schöner Ladenzeile. Leider macht sich die “Ost-Flucht” auch in Ueckermünde bemerkbar: Immer öfter stehen Geschäfte und Gebäude leer. Nicht behaupten kann man dies von den Cafés und Restaurants, die in der Urlaubszeit gut besucht waren. Qualität zieht eben.
Geschichtsfans sollten sich das Haffmuseum nicht entgehen lassen. Für Kurkarten-Besitzer ist der Eintritt sogar kostenlos. Vornehmlich bei schlechtem Wetter lässt sich in die regionale Geschichte hineinschnuppern. Historische Gegenstände und Zeitdokumente belegen die Stadtentwicklung. Im Turm gibt es neben zahlreichen maritimen Schaustücken zudem eine herrliche Aussicht auf die Umgebung und das Haff.
Radler erwartet kilometerlange, glatte Radwege
Wir haben uns kurzfristig dazu entschieden unsere Fahrräder im Kofferraum mitzunehmen. Das war gleich im doppelten Sinn eine sehr gute Entscheidung: Zum einen lag die Lagunenstadt rund zwei Kilometer von der nächsten Einkaufsmöglichkeit entfernt. Der Start in den Tag konnte so durch den morgendlichen Weg zum Bäcker nicht besser sein. Zum anderen besitzt die Region ein gut ausgebautes Radwegenetz, das sich durch wenige Erhebungen zum angenehmen ‘Dahinradeln’ eignet.
An unserem ersten Aktivtag erkundeten wir die Dörfer und Buchten im Westen um Grambin und Mönkebude. Wenn man die schlechten Wege in Chemnitz und dem Erzgebirge gewohnt ist, erscheint der Radweg wie eine ‘Autobahn’. Die Kilometer ließen sich in Windeseile abspulen und doch freute man sich auf die Pause an Strand und Hafen. Am Tag danach entschieden wir uns etwas weiter in die östliche Spitze zu radeln. Der Weg dahin führt schnurstracks – für unsere Verhältnisse ja geradezu langweilig – an der Haffküste entlang.
Ziel bildete mit Altwarp ein kleines Dörfchen, das neben einem Restaurant, einem Strandcafé sowie Strand und kleinem Hafen nicht viel zu bieten hatte. Aber gerade das macht Tourismus ja in diesen Tagen aus: der Kontakt mit wenigen Menschen. Wir ließen uns wie an anderen Tagen auch das Fischbrötchen schmecken und genossen den Ausblick hinüber zur anderen Uferseite nach Polen. Anschließend ging es wieder zurück – es wartete schließlich ein gut gekühltes Radler auf uns.
Fazit: Ueckermünde ist für einen Wochenurlaub eine Reise wert
Wer auf Sonne und Meer steht, muss nicht komplett zur Ostsee oder gar ans Mittelmeer fahren/fliegen. Am Stettiner Haff bieten sich ähnliche Bedingungen – allerdings deutlich entspannter und mit weniger Touristen. Das Motto “Sehen und Gesehen werden” existiert hier nicht. Das kleine Seebad gibt sich in Sachen Angebot viel Mühe den Unterschied zu den großen Vorbildern so gering wie möglich zu halten.
Besonders in Sachen Preis-Leistung ist die Lagunenstadt ein schöner, kleiner Ruhepol. Wenngleich sich im Sommer die Gäste auf den Balkonen tummeln, halten sich Partyurlauber von der Region fern. Auch für Fahrradfreunde ist Ueckermünde ein schöner Ausgangspunkt für mehr oder weniger ausschweifende Touren durch Vorpommern. Kletterfans wagen sich in den Hochseilgarten.
Einziger Nachteil der Region ist das mangelnde Angebot an geeigneten Aktivität bei schlechtem Wetter: Das niedliche Haffmuseum ist schnell besichtigt, eine Schwimmhalle selbst gibt’s erst im 14 Kilometer entfernten Eggesin. Leseratten suchen die Stadtbibliothek auf, die auch für angemeldete Feriengäste verfügbar ist und etliche Medien bereithält.