Der zweite Festivaltag auf dem Kosmonaut 2016 begann mit reichlich Verzögerung. Eine Unwetterwarnung hatte das Verschieben der Öffnung des Festivalgeländes von 13 Uhr auf 17 Uhr nötig gemacht. Einige Acts wurden deshalb verlegt oder fielen aus, was der Stimmung allerdings keinen Abbruch tat – schließlich wartete zum Abschluss noch der fantastisch „Geheime Headliner“ auf die rund 15.000 Musikfans. Einige Eindrücke.
Neben Besuchen der beiden Hauptbühnen gab es am Samstag auch einmal Zeit für das Inspizieren des liebevoll gestalteten Siggi-Wagens. Hier kamen Fans elektronischer House- und Trap-Musik bei „Musik und Frieden“ auf ihre Kosten. Nicht weit entfernt lag die Aftershow-Bühne, auf der nach 24 Uhr das Team der Atomino-Veranstaltungsreihe „Reich für Immer“ den Ton angab. Zu Gast waren hier unter anderem Zorro und DJ Tereza.
Drangsal
Mit etwas Verspätung also startete für mich der kosmische Samstag mit dem Singer-Songwriter Max Gruber, der besser unter dem Künstlernamen Drangsal bekannt ist. Gemeinsam mit Sam Segarra, Tim Roth und Christoph Kuhn präsentierten sie die Songs aus ihrem Debütalbum Harieschaim, das Ende April veröffentlicht wurde. Mit synthetischen Klängen, aber auch klassischen Bass- und Gitarrenriffs erinnert der Sound an die Musik der frühen 80er. Die charakteristische Stimme des erst 22-jährigen Sängers erinnert an Depeche Mode oder The Cure. Besonders Songs wie „Allan Align“ und „Love Me Or Leave Me Alone“ hatten es mir angetan. Auch wenn die große Bühnenshow ausfiel, eine meiner positiven Entdeckungen auf dem Kosmonaut.
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Wanda
Im letzten Jahr mussten die fünf Jungs der österreichischen Pop-Band Wanda krankheitsbedingt absagen. Dafür freuten sich die Fans in diesem Jahr umso mehr auf einen emotionalen Auftritt der Combo, die nach der Zuhälterin Wanda Kuchwalek benannt ist. Nach dem hierzulande eher unbekannten ersten Album „Amore“ schlug „Bussi“ im letzten Jahr voll ein und lag zeitweise auf Platz 5 der Albumcharts. Wenn wundert’s – sind Songs wie „Bussi Baby“ oder „1, 2, 3, 4“ wie gemacht zum konzertanten Mitgrölen. Das Magazin „Musikexpress“ nennt die Band als die „vielleicht letzte wichtige Rock’n’Roll-Band unserer Generation“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Alligatoah
Gewohnt exzentrisch und selbstverliebt zeigte sich der Rapper Lukas Strobel, der unter dem Künstlernamen Alligatoah bekannt ist. In einer Heißluftballon-Requisite landete der Künstler umgeben von musizierenden Engeln mit Sprengstoffgürteln auf dem Festivalgelände am Stausee Rabenstein. Im Gepäck hatte der Sänger in erster Linie Songs aus dem aktuellen Album „Musik ist keine Lösung“. Aber auch Publikumsliebling wie „Willst Du“ oder das extreme „Fick ihn doch“ gehörten zum Repertoire. Die Bühnenshow war wie immer umwerfend und überraschend – war Alligatoah ja schließlich schon vor zwei Jahren auf dem Festival zu Gast. Musikalisch gibt’s allerdings deutlich bessere Künstler.
Olli Schulz
Bedeutend ruhiger ging es nahezu zeitgleich auf der Noisey-Bühne zu. Dort hatte sich der 42 Jahre alte Comedian und Musiker Olli Schulz angesagt. Besondere Aufmerksamkeit bekommt er aktuell aufgrund des Spotify-Podcasts „Fest und Flauschig“, den er gemeinsam mit Jan Böhmermann moderiert. Wohl auch aufgrund seines Wirkens in Unterhaltungssendungen wie Circus Halligalli bestand das Publikum aus Menschen aller Altersklassen. Mit ruhigen Songs bezauberte er die Fans, denen er zu Beginn des Konzerts passende Tanzbewegungen lernte. Ein anschließender Ausflug in das sichtlich überraschte Publikum durfte nicht fehlen. Dank toller Bandmitglieder – wie der Gitarristin Kat Frankie – und witziger Standup-Einlagen wurde der Gig, der vor allem aus Songs des aktuellen Albums „Feelings aus der Asche“ bestand, zu einem echten Ohrenschmaus.
Der geheime Headliner: Die Fantastischen Vier
Gegen 22.45 Uhr wurde dann das große Geheimnis um den geheimen Headliner gelüftet. Mit den Fantastischen Vier betrat überraschenderweise die wohl bekannteste Stuttgarter Hip-Hop-Gruppe die Bühne. Die in die Jahre gekommene und trotzdem energiegeladene Combo begeisterte sowohl ältere als auch jüngere Besucher des Kosmonaut Festival. Auch kleinere Technikprobleme konnten die Stimmung nicht drücken. Mit Songs des Jubiläumsalbums „Rekord“ und Klassikern wie „Troy“, „MFG“ oder auch „Sie ist weg“ sorgten Michi Beck, Thomas D And.Ypsilon und Smudo gemeinsam mit DJ ESKEI83 für einen standesgemäßen Abschluss des Kosmonaut 2016. Übrigens: Die Fantas waren nicht das erste Mal in Chemnitz – hier gibt es Fotos von der letztjährigen Hallentour in der Chemnitzer Arena.
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Frittenbude
Der letzte große Act auf der kleinen Noisey-Bühne war die Elektropunk-Band Frittenbude. Die Jungs um Lead-Sänger Johannes Rögner engagieren sich stark gegen Rechtsextremismus, was man nicht nur an den Songtexten, sondern auch an den Ansagen zwischen den Tracks merkt. Zu Gehör gab es in erster Linie Songs des 2015er Albums „Küken des Orion“. Tapfere Fans, die dem einsetzenden Regen trotzten, konnten sich aber auch auf Hits wie „Bilder mit Katze“ oder „Mindestens in 1000 Jahren“ freuen. Für Frittenbude war es der zweite Auftritt auf dem Kosmonaut: Bereits bei der ersten Auflage war die Band am Start.