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Silberglanz und Kumpeltod: Die Geschichte des Bergbaus im SMAC Chemnitz.

Chem­nitz gilt als das Tor zum Erz­ge­bir­ge. Was liegt also näher als eine Aus­stel­lung über die Geschich­te des namens­ge­ben­den Berg­baus?! Im Staat­li­chen Museum für Archäo­lo­gie in Chem­nitz (kurz: SMAC) findet aktu­ell im Rahmen des Jahres der Kul­tur­haupt­stadt Euro­pas 2025 eine Son­der­aus­stel­lung statt. Unter dem Titel „Sil­ber­glanz und Kum­pel­tod“ lassen sich im alt­ehr­wür­di­gen Kauf­haus Scho­cken so manch neue Ent­de­ckun­gen machen. Ich war mit der Kamera unterwegs.

Wissenswertes über den beschwerlichen Erz-Abbau

Seit 2014 ist das SMAC eine feste Insti­tu­ti­on in der Chem­nit­zer Muse­ums­land­schaft. Über­aus anschau­lich zeigt es die Ent­wick­lung der Erde sowie der Mensch­heit über tau­sen­de, ja sogar Mil­lio­nen von Jahren. Höchs­te Zeit also, dass im Rahmen einer Son­der­aus­stel­lung die Geschich­te des Erz­ge­bir­ges the­ma­ti­siert wird. In der vier­ten Etage des Kauf­haus Scho­cken am Stefan-Heym-Platz lassen sich in ver­schie­de­nen Seg­men­ten die letz­ten Jahr­hun­der­te erkunden.

Den Beginn mar­kie­ren neben zahl­rei­chen far­ben­fro­hen Mine­ra­li­en his­to­ri­sche Doku­men­te und Kunst­wer­ke. Darin zeigen sich die viel­fäl­ti­gen Inten­tio­nen der Men­schen, um über­haupt mit dem Berg­bau zu begin­nen. Waren es im 13. Jahr­hun­dert, als in Frei­berg das erste große „Berg­ge­schrey“ seinen Lauf nahm, vor allem die unge­wöhn­li­chen, glit­zern­den Roh­stof­fe. So erkann­ten die Ein­woh­nen­den schnell den prak­ti­schen Nutzen von Metal­len für Werk­zeu­ge, Waffen und als Zahlungsmittel.

Beson­ders ein­drück­lich waren für mich die ein­fa­chen Mittel, mit denen die Berg­män­ner und ‑frauen das kost­ba­re Gut abbau­ten. Etwa mit einer simp­len Keule. Per Feu­er­set­zen wurde beson­ders hartes Gestein „mürbe“ gemacht. Weich war der Berg dann trotz­dem nicht. Ein:e Arbeiter:in schaff­te etwa einen Zen­ti­me­ter Weg pro Arbeits­tag. Zugleich war Arbeits­schutz ein Fremd­wort. Ohne Schutz für Glied­ma­ßen und Organe schuf­te­ten die Men­schen teil­wei­se sieben Tage der Woche.

Mit großen Schau­fel­rä­dern wurden die Schäch­te und Stol­len mit Frisch­luft ver­sorgt. Ferner erkann­ten die Kumpel schnell, dass das Grund­was­ser aus dem Stol­len beför­dert werden muss, um ein unge­woll­tes Fluten zu ver­hin­dern. Dafür kamen im 18. Jahr­hun­dert auch erste Dampf­ma­schi­nen zum Ein­satz, die als Pumpe fun­gier­ten. Übri­gens mehr als 50 Jahre früher als sie James Watt einsetzte.

Vom verklumpten Erz über reines Metall zu prunkvollem Schmuck

Das geschürf­te Erz musste anschlie­ßend phy­si­ka­lisch durch Mahlen von wert­lo­sem Gestein und Mine­ra­len, Gang­art genannt, gerei­nigt werden. Es folgt die Anrei­che­rung zu Erz­kon­zen­trat. Beim Pro­zess des Ver­hüt­tens ver­än­dert das Mate­ri­al durch ther­mi­sche Ener­gie seinen Aggre­gat­zu­stand zu flüs­sig, Schla­cke ent­steht. So wurden im Erz­ge­bir­ge vor allem die Metal­le Silber, Blei und Zinn, aber auch Eisen und Kupfer gewonnen.

Einen beson­ders großen Anteil an der Ent­wick­lung der Ver­ed­lungs-Ver­fah­ren hat Georg Bauer, besser bekannt unter seinem latei­ni­schen Namen Geor­gi­us Agri­co­la. Der Arzt, Apo­the­ker und Wis­sen­schaft­ler aus dem 16. Jahr­hun­dert gilt als „Vater der Mine­ra­lo­gie“ und Begrün­der der moder­nen Geo­lo­gie. Nach Stu­di­en-Auf­ent­hal­ten in Bolo­gna, Padua und Vene­dig wurde er Apo­the­ker in St. Joa­chims­thal, Arzt in Chem­nitz und Bür­ger­meis­ter in eben jener Stadt. Auch in der Son­der­aus­stel­lung nimmt der Uni­ver­sal­ge­lehr­te einen Bereich ein. Seine wert­vol­len Schrif­ten liegen unter einer unschein­ba­ren Vitrine.

Mit dem Berg­bau erlang­te auch Sach­sen, damals unter Herr­schaft der Wet­ti­ner, zu Reich­tum. Das Land fei­er­te seine Berg­leu­te und wid­me­te ihnen prunk­vol­le Berg- und Hüt­ten­pa­ra­den. Diese soll­ten Volks­nä­he aus­strah­len und für öffent­li­che Sicht­bar­keit sorgen. Noch heute sind die Berg- und Hüt­ten­pa­ra­den hier­zu­lan­de im Erz­ge­bir­ge eine peni­bel geheg­te Tra­di­ti­on. Inner­halb der Aus­stel­lung werden fein geschnitz­te Model­le, aber auch Schmuck und Por­traits prä­sen­tiert. Eine eigene Ecke wurde auch der Reli­gio­si­tät gewid­met. Die vom harten und gefähr­li­chen Alltag gepräg­ten Berg­män­ner- und frauen sorg­ten für ein Auf­le­ben der Spi­ri­tua­li­tät in der Region. Hier­für wurden große Hal­len­kir­chen zen­trums­nah in den Plan­städ­ten wie Anna­berg-Buch­holz oder Mari­en­berg errich­tet. Der Glaube gab den im Berg arbei­ten­den auch psy­chi­sche Kraft, um die stra­pa­ziö­se Arbeit unter Tage meis­tern zu können.

Der Schatten des Bergbaus in der DDR-Zeit

Apro­pos psy­chi­sche Kraft. Ein klei­ner Bereich der Aus­stel­lung beleuch­tet die Ent­wick­lung des Berg­baus zur Zeit der „Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik“ (kurz DDR). Nach dem Abwurf der Atom­bom­be auf Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki, wurde auch in Ost­deutsch­land ver­stärkt nach radio­ak­ti­vem Mate­ri­al gesucht. Denn die dama­li­ge Sowjet­uni­on hatte keine sol­cher Waffen vor­zu­wei­sen. Unter dem Deck­na­men der „Wismut AG, einem glän­zend sil­ber­wei­ßem Metall, ent­stand ein „Staat im Staat“ mit eige­ner Ver­wal­tung und außer­or­dent­li­chen Son­der­rech­ten. Er wandte sich vor allem der Uran-För­de­rung im Erz­ge­bir­ge zu.

Bis 1953 wuchs die Zahl der Mit­ar­bei­ten­den auf 153.000 an. Auf­grund der guten Ent­loh­nung und außer­or­dent­li­chen Ver­sor­gung galt die „Wismut“ als attrak­ti­ver Arbeit­ge­ber. So erblick­te auch der namens­ge­ben­de Schnaps „Kum­pel­tod“ das Licht der Welt. Der Name war jedoch auch unter Tage Pro­gramm. Denn die Risi­ken des Abbaus wurden ver­schwie­gen. In den 46 Jahren wurden in der gesam­ten DDR ins­ge­samt 216.300 Tonnen Uran gefördert.

Damit spannt die Son­der­aus­stel­lung den Bogen zum stief­müt­ter­lich behan­del­ten Thema Arbeits­schutz. In den Jahr­hun­der­ten des Berg­baus wurde nie eine zufrie­den­stel­len­des Level an Arbeits­si­cher­heit erreicht. Sil­ko­se und der strah­len­in­du­zier­te Lun­gen­krebs waren Haupt­krank­heits­bil­der. Beson­ders ein­drucks­voll emp­fand ich die Auf­be­rei­tung mar­tia­li­scher Aus­rüs­tung, die jedoch nur selten rich­tig getra­gen und genutzt wurde. Beim Lesen von Schil­dern mit zu ver­wen­den­den Klopf­zei­chen im Falle einer Ver­schüt­tung stock­te der Atem.

Bergbau im Erzgebirge – was bleibt?

Schön, dass sich „Sil­ber­glanz und Kum­pel­tod“ mit den Folgen des Erz-Berg­baus aus­ein­an­der­setzt. Genau­er gesagt mit dem Ober­berg­haupt­mann Hans Carl von Car­lo­witz, der von 1645 bis 1714 lebte. Er gilt als der Schöp­fer des forst­wirt­schaft­li­chen Nach­hal­tig­keits­be­griffs. Denn sowohl für die Errich­tung der Stol­len als auch für den ener­gie­in­ten­si­ven Betrieb der selben, wurden Mil­lio­nen an Fest­me­ter Holz abge­baut. Hinzu kam das Bevöl­ke­rungs- und damit das Städ­te­wachs­tum, das für eine „Holz­not“ sorgte. Er kri­ti­sier­te den kurz­fris­ti­gen Raub­bau der Wälder und for­der­te als erster Mensch den pfleg­li­chen Umgang mit der Natur. Seine Grund­sät­ze haben bis heute Bestand.

Doch wie geht es mit dem Berg­bau im Erz­ge­bir­ge weiter? Aktu­ell werden in 400 Meter Tiefe in Pöhla bei Schwar­zen­berg wieder Wolf­ram und Fluo­rid abge­baut. Zudem soll zukünf­tig in Zinn­wald das für Bat­te­rien so drin­gend benö­tig­te Lithi­um abge­baut werden. Anders als früher steht heute der umwelt­be­wuss­te Abbau im Fokus. Die Son­der­aus­stel­lung „Sil­ber­glanz und Kum­pel­tod im SMAC Chem­nitz endet mit über­aus inter­es­san­ten Karten zu den aktu­el­len Vor­kom­men von Metal­len im Erzgebirge.

Noch bis zum 28. Juni kann sich jede:r ein Bild von der Geschich­te und der Ent­wick­lung des Berg­baus im Erz­ge­bir­ge machen. Der Ein­tritts­preis liegt bei fairen 9 Euro. Mein Tipp: Sams­tag um 15 Uhr gibt’s eine kos­ten­lo­se Füh­rung mit wei­te­ren span­nen­den Fakten. In diesem Sinne: Glück auf!


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